Zuckerrüben Journal Nr. 2/2015 - page 19

LZ 20 · 2015
Zuckerrübenjournal
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A N B A U
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Ackerflächen auf Neuland zu verschaf-
fen, habe man damals angefangen,
Luftbildaufnahmen auszuwerten. „Es
gibt zwei kritische Zeitpunkte: die
Frühjahrsabtrocknung und die Wei-
zenabreife.“ Dort, wo der Weizen vor-
zeitig abreife, lasse dies auf Bodenver-
dichtungen schließen, wo unter Um-
ständen nachgebessert werden müsse.
Damit es gar nicht erst so weit
kommt, werde das Bodenmaterial
beim Tagebau so wenig wie möglich
beansprucht. „Das, was vorher oben
lag, soll auch wieder nach oben ge-
bracht werden, um die Gunst des
Standorts zu bewahren.“ Einen geson-
derten Einbau von Mutterboden gebe
es nicht, um die günstige Porenraum-
verteilung der rheinischen Lössböden
zu bewahren.
Bodenqualität (k)eine Typfrage
Der Unterbau der Rekultivierungsflä-
chen muss wasserdurchlässig sein, so
Werner Sihorsch, und der von Abset-
zern und Förderbändern aufgetragene
Lössboden mindestens 2 m hoch. Neue
technische Verfahren sollen helfen, ei-
ne geeignete Materialauswahl zu tref-
fen und den Boden genau zu verteilen.
Nicht zu verhindern ist, dass die ur-
sprünglichen Bodenhorizonte durch-
mischt werden. Die für die Köln-Aa-
chener Bucht typische Parabraunerde
verliert dadurch sowohl ihren
humosen Oberboden als auch ihren
charakteristischen Bt-Horizont und zu-
rück bleibt ein schluffiger Lehm bis
lehmiger Schluff. Der Verlust des hu-
mosen Oberbodens ist ein Nachteil,
der des Bt-Horizontes ein Vorteil der
Neulandböden. Auch die gewachsenen
Gefügeformen wie Krümel- oder Poly-
edergefüge gehen verloren und lassen
sich zunächst nur ansatzweise durch
geeignete Bodenbearbeitung wieder-
herstellen. Drei Jahre Luzerne als Pio-
nierpflanze und später mindestens
vier Jahre Getreideanbau sollen das
Bodengefüge stabilisieren, Nährstoffe
wie auch Humus anreichern und die
biologische Aktivität fördern.
„Zuckerrüben stehen auf Neuland
besser“, erklärt Lothar Beuters,
neulanderfahrener Ackerbauer aus
Jüchen, überraschend. Und auch Hei-
ner Pesch aus Erkelenz bestätigt für
Zuckerrüben auf rekultivierten Böden
ein hohes Ertragspotenzial. Zurückzu-
führen sei dies auf die bessere Wasser-
versorgung in den Sommermonaten, so
Beuters. Der hohe Schluffanteil bringt
schließlich sehr viele Mittelporen mit
und sorgt deshalb für hohe nutzbare
Wasserkapazitäten im Boden. „Die Bö-
den gehen in ihrer Entwicklung zurück
auf Start. Der untergemischte Tonhori-
zont beschert eine Neulandgunst mit
hoher Feldkapazität“, bestätigt Werner
Sihorsch die Praxis.
„D
ie Zuckerrübe als Schlüssel-
kultur muss gelingen, nur so
können wir im Rheinland einen gleich-
wertigen Ersatz anbieten“, erklärt
Werner Sihorsch, Leiter Rekultivie-
rung RWE Power, zu den Maßnahmen,
die in den letzten drei Jahrzehnten er-
griffen wurden. Von über 20 000 ha ab-
gebaggerter landwirtschaftlicher Flä-
che seien bereits mehr als 11 000 ha
wieder zurück in die landwirtschaftli-
che Praxis gegangen und etwa weitere
1 400 ha stünden zur Rückgabe an die
Landwirtschaft unter Obhut des
Schirrhofs in Jüchen. Zum Ausgleich
der zuvor beanspruchten Altland-
Ackerflächen solle den Landwirten
schließlich kein Nachteil in Sachen Er-
tragssicherheit und Bewirtschaftungs-
kosten entstehen. Zur Unterstützung
werden Feldversuche und Forschungs-
kooperationen durchgeführt und den
Landwirten vorgestellt.
„Es gab schon früh immer wieder
Feedbacks von Praktikern auf Neuland,
negative wie auch positive“, erinnert er
sich an seine beruflichen Anfänge En-
de der 1980-er Jahre. Um sich eine ob-
jektive Übersicht zum Zustand der
Rüben auf Neuland
funktionieren gut
Der Abbau von Braunkohle mit anschließender Neulandbewirtschaftung hat in der
rheinischen Bucht eine lange Tradition. Seit den 1980-er Jahren werden die Böden
nach neuen Verfahren rekultiviert und in Anbau genommen. Wie steht es heute um
die Standorteigenschaften dieser Böden für den Zuckerrübenanbau?
Braunkohletage-
bau im Rheinland:
Heute werden die
oberen Boden-
schichten ge-
trennt abgetragen
und per Absetzer
mit Förderbän-
dern direkt auf
den Untergrund
für Neulandböden
aufgetragen.
Heiner Pesch steht mit seinem Betrieb in
Erkelenz noch vor der Umsiedlung. Seit
einigen Jahren sammelt er Erfahrung auf
Neulandböden innerhalb einer Arbeits-
gemeinschaft.
Werner Sihorsch
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