Zuckerrübenjournal 1/2014 - page 8

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Zuckerrübenjournal
LZ 9 · 2014
| A K T U E L L E S
P O L I T I K
M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
Flächen stilllegen“, warnte Conzen ab-
schließend.
Blick in die Verordnung
Welche Regelungen im Detail für die
Rübe nach 2017 noch gelten, erläuterte
Günter Tissen von der Wirtschaftli-
chen Vereinigung Zucker. „Ein Blick in
die Verordnung zeigt, dass zunächst
erst einmal der Zucker-Referenzpreis
und die Pflicht zum Abschluss von Ver-
trägen bestehen bleiben.“ Da die Land-
wirte schon 2016 für die Ernte 2017 pla-
nen müssten, blieben nur noch zwei
Jahre, um die Zusammenarbeit zwi-
schen Anbauer und Fabrik auf neue
Füße zu stellen. Wegfallen würde die
Unterscheidung in Quoten- oder Nicht-
quotenzucker sowie die zwischen Le-
bensmittel- oder Industriezucker. Es
werde keine
Garantie-
preise mehr
geben und
die Produk-
tionsabgabe
entfalle.
„Außerdem
gibt es in Zu-
kunft ein
Preisberichter-
stattungssys-
tem und frei
ausgehandelte,
schriftliche Lie-
ferverträge und
Branchenverein-
barungen sind
vorgeschrieben“,
erklärte Tissen. „Im
Anhang zu dieser
Verordnung steht
auch, dass mehrjäh-
rige Verträge mög-
lich sind, und Regelungen, wie die An-
bauer an der Preisentwicklung betei-
ligt werden können, gefunden werden
sollen. Zusätzlich müssen Land- und
Transportkosten ausgehandelt wer-
den.“
Der Erfolg der Zuckerwirtschaft
werde in Zukunft noch mehr von den
Märkten abhängig sein. Ein Einfluss-
faktor dabei sei die Isoglucose. Sie
wird meist aus Mais oder Weizen ge-
wonnen. In den USA habe sie einen
Marktanteil von 40 bis 50 %, in Europa
mache sie zurzeit rund 5 % der Quote
aus. „Dieser Anteil kann steigen, wenn
sie einen rentablen Preis im Vergleich
zum Zucker hat“, erklärte Tissen.
„Schätzungen gehen von 15 % im Jahre
2023 aus.“
Auch der Rohrzucker konkurriere
mit der Rübe. Im Moment importieren
die Staaten des Afrikanischen, Karibi-
schen und Pazifischen Raums (AKP)
und die Entwicklungsländer (LDC)
rund 2 Mio. t nach Europa. Werde der
Zuckerpreis in der EU nach 2017 sin-
ken und der Abstand des EU-Preises
zum Weltmarktpreis geringer, so sinke
auch der Anreiz, Rohrzucker nach Eu-
ropa zu liefern.
Weiteren Einfluss könnten auch
Zollkontingente oder Freihandelsab-
kommen, zum Beispiel mit Brasilien,
haben.
Und wie sieht es in Zukunft mit der
Konkurrenz innerhalb Europas aus?
„In Europa hat es viele Fabrikschlie-
ßungen gegeben, vor allem am Rand
des Rübengürtels in Mitteleuropa.
Deutschland zählt auf jeden Fall zu
den Gunststandorten, denn hier wird
verbrauchernah erzeugt. In Europa
sind wir auf jeden Fall konkurrenzfä-
hig“, betonte der WVZ-Hauptgeschäfts-
führer.
Neue Absatzchancen für deutschen
Zucker sieht Tissen unter anderem in
Schwellenländern, die mit steigendem
Lebensstandard auch mehr Zucker
konsumieren. Außerdem müssten die
Exportbeschränkungen durch WTO
aufgehoben werden, da die WTO-Kri-
tik an der Marktordnung nach deren
Wegfall substanzlos sei. Hier könne
sich ein Ventil für eine Marktentlas-
tung in Europa auftun.
Wie kann der Landwirt nun auf die
geänderten Bedingungen nach 2017 re-
agieren? „Die Zuckererzeugung muss
noch effizienter werden, alle Rationali-
sierungsmaßnahmen vom Acker bis
zur Fabrik müssen genutzt werden.
Außerdem müssen die Argumente für
oder für ökologische Vorrangflächen,
gezahlt werden. Unter diesen Flächen
versteht man 5 % aller landwirtschaftli-
chen Flächen eines Landes und jeder
Mitgliedsstaat wählt aus einem Kata-
log aus, was er als solche anerkennt.
„Das können Pufferstreifen oder Strei-
fen an Waldrändern sein. Hier zeigt
sich schon das Durcheinander, denn in
Frankreich werden viele Dinge ganz
anders bewertet als bei uns“, führte
Conzen aus. „Wir finden, dass der Zwi-
schenfruchtanbau unbedingt als Vor-
rangfläche gelten muss, aber für
Deutschland sind Zwischenfrüchte
schon Standard und sie werden nicht
so hoch bewertet wie zum Beispiel in
Frankreich. Wenn man es genau
nimmt, ist die Rübe auch eine Gree-
ningfrucht, denn sie hinterlässt nach
der Ernte kaum Stickstoff im Boden,
sie steht lange auf dem Feld und ist bis
zuletzt grün.“
Conzen zeigte auf, dass die Prämi-
enzahlungen in NRW von 296 €/ha
2014 auf rund 260 €/ha bis 2019 sin-
ken werden. Für einen Zuckerrüben-
betrieb bedeute dies, dass die Höhe
der Zahlungen von 2012 bis 2019 in ei-
nem 50-ha-Betrieb um 11 % sinkt und
in einem 100-ha-Betrieb sogar um 15 %
zurückgeht.
Mit Blick über die Grenze erklärte
Conzen, dass die Rübenbetriebe in
Frankreich schlechter dastünden als
deutsche Betriebe, weil in Frankreich
ein großer Teil der Förderung in die
benachteiligten Gebiete gehe, zu de-
nen die Ackerbauregionen nicht gehö-
ren.
„Beim Greening drohen uns in
Deutschland Nachteile, wenn der Zwi-
schenfruchtanbau nicht intelligent in-
tegriert wird. Und wenn es nicht ge-
lingt, müssen wir ab Sommer 5 % der
Günter Tissen,
Wirtschaftliche
Vereinigung Zu-
cker, Dr. Helmut
Esser, Pfeifer &
Langen, Stefan
Franceschini,
Grafschafter
Krautfabrik, und
Bernhard Conzen,
Rheinischer Rü-
benbauer-Ver-
band (v. l. n. r.), bei
der Beratertagung
der Arbeitsge-
meinschaft
Zuckerrübenan-
bau in Düren.
Fotos: Natascha
Kreuzer
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