Zuckerrübenjournal 1/2014 - page 19

LZ 9 · 2014
Zuckerrübenjournal
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A N B A U
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T | P O L I T I K | A K T U E L L E S |
kühlen Bodentemperaturen waren für
einen zügigen Feldaufgang sicherlich
nicht förderlich, aber nicht der Haupt-
grund des Triebkraftverlusts; denn es
gab auch überlagertes Saatgut, das ta-
dellos auflief.
Modernes Rübensaatgut ist heute
ein Produkt aus Genetik plus einer spe-
ziellen Saatgutaufbereitungs-Technolo-
gie. Jede Saatgutfirma bewirbt ihre
Technologie mit einem extra Logo. Bei
allen Unternehmen steht dies für
schnelle und höchste Feldaufgänge. Um
dieses Ziel zu erreichen, muss die ge-
samte Saatgutprozesskette vom Feld bis
zur Verpackung im Optimum laufen.
Die Saatgutaktivierung ist ein Teil-
schritt in dieser Prozesskette, sie kann
in unterschiedlicher Intensität erfolgen.
Drei Faktoren und drei Phasen
Der Aktivierungsprozess wird im We-
sentlichen durch drei Faktoren beein-
flusst: Feuchtigkeit, Temperaturverlauf
und Zeit (Prozessdauer). Jede Firma
hat ihre eigenen Methoden und Ver-
fahren, die den Aktivierungsprozess
begleiten und stabilisieren. Am Ende
des Prozesses wird das Saatgut rückge-
trocknet und kann anschließend pil-
liert werden.
In der Grafik sind die drei unter-
schiedlichen Phasen aufgezeigt, die
der Rübensamen während der Kei-
mung durchläuft. Bei der Saatgutakti-
vierung macht man sich die erste und
zweite Phase zunutze. Wichtig ist, dass
die dritte Phase nicht angestoßen wird.
In der ersten Phase findet durch ei-
ne kontrollierte Feuchtigkeitsaufnah-
me eine Quellung statt. In der zweiten
Phase beginnen die ersten Stoffwech-
selvorgänge, schwer lösliche Speicher-
substanzen werden in leicht lösliche
Substanzen umgewandelt. An der DNA
laufen Reparaturvorgänge ab. Es fin-
det eine Zellstreckung statt, keine Zell-
teilung. Am Ende der zweiten Phase
muss die Aktivierung spätestens ge-
stoppt werden.
Die dritte Phase findet im Feld statt.
Ein wenig Feuchtigkeit und Wärme
genügen für den Beginn der Zellteilun-
gen. Die Samenkapsel öffnet sich und
die Keimwurzel tritt nach außen.
Hier wurde me-
chanisch aufge-
arbeitet, der Bo-
den ist auch ohne
Glyphosat un-
krautfrei.
der europäischen Zulassungsbehörde.
Es wurden 150 neue Studien und über
900 wissenschaftliche Beiträge ausge-
wertet, die aber wie die bisherigen Stu-
dien keine Hinweise geben, dass von
Glyphosat gesundheitliche Bedenken
für Mensch und Tier ausgehen. Auch
von Seiten der Politik gibt es zurzeit
keinen Anlass für ein Aussetzen der
Zulassung, wie der Bundestag noch
2012 feststellte. Allerdings müssen zu-
künftig noch Fragen zur indirekten
Wirkung auf die Artenvielfalt in der
Feldflur bearbeitet werden. Glyphosat
ist keineswegs giftig für Insekten und
Vögel, beseitigt aber Nahrungsquellen
der Insekten, die wiederum den Feld-
vögeln als Nahrung dienen. Hier wird
in geeigneter Weise sicherzustellen
sein, dass diese Nahrungskette nicht
unterbrochen wird. Hierzu wären ne-
ben vielen anderen Maßnahmen auch
Blühstreifen denkbar.
Journal: Für wie gefährlich halten Sie
persönlich das Glyphosat? Wie schät-
zen Sie die Risiken ein?
Dissemond:
Grundsätzlich darf man
Pflanzenschutzmittel nicht auf die
leichte Schulter nehmen und muss
mögliche Risiken sehr genau untersu-
chen und abschätzen. Auf Grundlage
der vorhandenen Erkenntnisse halte
ich Glyphosat für nicht gesundheitsge-
fährdend. Zum Vergleich: Das Coffein
einer Tasse Kaffee ist mindestens so ri-
sikobehaftet wie der Verzehr von einer
Tonne Getreide, das mit Glyphosat be-
handelt wurde.
Natascha Kreuzer
D
ie Saatgutaktivierung ist ein tech-
nologischer Fortschritt mit
signifikanten Vorteilen, aber auch mit
Risiken. Für den Landwirt liegt das
Risiko bei der Überlagerung von Rest-
saatgut. Um die Keimfähigkeit und
Triebkraft zu erhalten, müssen besonde-
re Lagerbedingungen beachtet werden.
Im Frühjahr 2013 machten einige
rheinische Rübenanbauer eine neue
Erfahrung: Ihr überlagertes Saatgut
lief nicht vollzählig auf. Die Pillen wa-
ren in der Regel geplatzt, angekeimt
und zeigten zu wenig Triebkraft. Die
Ist aktiviertes
Saatgut lagerfähig?
Vorbehandlung, Aktivierung oder Priming – diese Begriffe stehen für eine Saatgut-
aufbereitungs-Technologie, bei der die Einleitung des Keimprozesses während der
Saatgutaufbereitung erfolgt.
Restsaatgut muss
sorgfältig gelagert
werden, damit es
im nächsten Jahr
keine unange-
nehmen Über-
raschungen beim
Feldaufgang gibt.
Foto: Alfons Lingnau
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