8
|
Zuckerrübenjournal
LZ 51/52 · 2016
| A K T U E L L E S | P O L I T I K
M A R K T
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
Slowakei – Anbau unter
anderen Bedingungen
Alljährlich treffen sich Anbauervertreter aus der EU im Rahmen der Technischen und
Abnahmekommission der Internationalen Vereinigung Europäischer Rübenanbauer
(CIBE) zu einem Austausch über produktionstechnische Themen sowie über Fragen
der Rübenbewertung und Rübenuntersuchung.
G
astgeber der diesjährigen Sitzung
war die Slowakei. Tagungsort war
Trencˇ
ín nahe der Zuckerfabrik
Trencˇ
ianska Teplá. Robert Kovàcs,
Präsident des slowakischen Rübenan-
bauerverbandes, begrüßte die Teilneh-
mer und stellte den dortigen Anbau
vor. Insbesondere seit der politischen
Wende in Europa hat die slowakische
Zuckerwirtschaft erhebliche Verände-
rungen miterlebt. Gab es bis 1989 noch
zehn Zuckerfabriken, sind es mittler-
weile nur noch zwei. Eine betreibt die
Nordzucker AG, die andere die Agrana.
Im Zuge der Restrukturierung nach
der Zuckermarktreform von 2006
wurde die Zuckerquote von 207 500 t
WW auf 112 300 t WW reduziert. Die
sowieso schon außerordentlich gerin-
ge Anbauerzahl von 487 reduzierte
sich auf 212.
Betrug die Anbaufläche vor der po-
litischen Wende noch konstant
50 000 ha, sank sie danach bis zum
Jahr 2008 auf einen historischen Tiefst-
stand von 11 500 ha. Seitdem aber ist
sie wieder angestiegen. Im Jahr 2016
wuchsen wieder Rüben auf 21 800 ha.
Die Erträge stiegen seit 1989 von da-
mals knapp 40 t/ha auf mittlerweile
rund 60 t/ha. Die Zuckergehalte liegen
mit durchschnittlich 16,5 % auf eher
niedrigem Niveau, was dem Klima ge-
schuldet ist. Ebenfalls klimabedingt ist
der zunehmend starke Cercospora-Be-
fall, der die Anbauer vor wachsende
Probleme stellt. Das aktuelle An-
baujahr verlief diesbezüglich
allerdings relativ günstig. Mit
einem Rübenertrag von
73,4 t/ha bei 16,5 % Zucker-
gehalt ist man im Jahr 2016
sehr zufrieden.
Die Zahlen zeigen, dass insbe-
sondere seit der Restrukturie-
rung viel Nicht-Quotenzucker in
der Slowakei erzeugt wird. Die
diesjährige Zuckererzeugung der Slo-
wakei liegt fast doppelt so hoch wie
deren Zuckerquote. Aber dieses The-
ma erübrigt sich ja bekanntermaßen
kommendes Jahr. Die beiden Zucker-
fabriken haben eine Tagesverarbei-
tung von 6 000 t und 5 000 t, das sind
vergleichsweise geringe Werte im eu-
ropäischen Vergleich. Die geringe Ta-
gesverarbeitungskapazität bedingt
lange Kampagnen bis in den Februar
hinein.
Durchschnittlich 113 ha
Rübenanbaufläche je Betrieb
Markant ist die Anbaustruktur. Aktuell
bewirtschaften rund 200 Anbauer die
21 800 ha, das bedeutet eine durch-
schnittliche Rübenanbaufläche je
Betrieb von 113 ha! Für die Rübenbau-
betriebe ist die Rübe somit eine „gran-
de culture“, das heißt, sie ist sehr wich-
tig für das Betriebseinkommen und
die Fruchtfolge.
Dass der Erhalt des Zuckerrübenan-
baus einen hohen Stellenwert in der
Slowakei hat, unterstrich im Verlauf
der Veranstaltung unter anderem auch
der Vertreter des slowaki-
schen Landwirt-
schaftsministeriums. Man wolle in je-
dem Fall den eigenen Bedarf an Zu-
cker decken, die Branche dürfe sich
der Unterstützung der Regierung si-
cher sein. Eine Form der Unterstüt-
zung ist die Zahlung gekoppelter Bei-
hilfen. Sie beläuft sich in der Slowakei
auf 240 €/ha oder bei 60 t Ertrag/ha
auf rund 6 €/t Rüben. Sie sei, so Vertre-
ter des Verbandes und des Ministeri-
ums, unverzichtbar für die einheimi-
schen Erzeuger. In Deutschland, wo
die Anbauer keine gekoppelten Beihil-
fen erhalten, werden diese Zahlungen
aufgrund der daraus resultierenden
Wettbewerbsverzerrung sehr kritisch
gesehen.
Robert Kovàcs nahm auch zu den
Vertragsverhandlungen für 2017 Stel-
lung. Diese seien im Unterschied zu
vielen anderen europäischen Ländern
noch nicht abgeschlossen. Der Ver-
band hat ein landesweites Verhand-
lungsmandat. Die Anbauer sind weder
bei Nordzucker noch bei Agrana Aktio-
näre. Aus wettbewerbsrechtlichen
Gründen muss der Verband mit jedem
Unternehmen separat verhandeln. Die
Verhandlungen, so Robert Kovàcs, sei-
en zäh und schwierig. Trotzdem habe
man sich zum Ziel gesetzt, bis zum
Jahresende mit beiden Unternehmen
eine Einigung erlangt zu haben. Eine
Ausdehnung des Anbaus ab 2017 ist
nicht geplant, so der Verbandsvorsit-
zende. Kampagnelängen bis Mitte
Februar seien mehr als ausreichend.
Anlieferung per Bahn und Mulde
Am zweiten Tag der Zusammenkunft
stand unter anderem die Besichtigung
der Zuckerfabrik Trencˇ
ianska Teplá
an. Dort erfuhr man vieles über Rü-
bentransport, -annahme und -bewer-
tung in der Slowakei. Laden und Reini-
gen sowie der
Trencin
Bratislava
Slowakei