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derzeit keine Markteingriffe, sondern
werde das Marktgeschehen mit der
neu eingerichteten Expertengruppe
genau beobachten.
Mehr Zucker zu
niedrigeren Preisen
Gemäß neuesten Prognosen des Thü-
nen-Instituts (TI) wird sich die EU-Zu-
ckererzeugung im Jahr 2020/21 ohne
Quote auf rund 16,8 Mio. t belaufen
und damit um 1,2 Mio. t oder 7 % höher
ausfallen als im Referenzzeitraum mit
Quote. Wie die wissenschaftliche Mit-
arbeiterin des Instituts, Marlen Haß,
ausführte, könnte die Zuckerprodukti-
on bei hohen Weltmarktpreisen aber
durchaus auf 18,7 Mio. t steigen, bei
sehr niedrigen Preisen mit 15,1 Mio. t
jedoch auch darunter liegen. Vor allem
in Belgien und den Niederlanden sei
nach dem Quotenende mit einem hö-
heren Aufkommen zu rechnen. In
Deutschland und Frankreich sei eine
leicht zunehmende Erzeugung zu er-
warten, während sie unter anderem in
Dänemark und Italien wegen der
schlechteren Wettbewerbsfähigkeit zu-
rückgehen dürfte.
Abhängig vomWeltmarkt
Das zukünftige Preisniveau für Zucker-
rüben am Binnenmarkt werde eben-
falls stark vom Weltmarktpreis abhän-
gen, aber spürbar unter dem gestützten
Niveau früherer Jahre liegen, so Haß.
Im Mittel dürfte laut Modellberech-
nungen der Weißzuckerpreis 2020/21
bei etwa 474 €/t liegen; allerdings sei je
nach Vorgaben des globalen Marktes
eine Schwankungsbreite von 435 bis
535 €/t möglich. Das niedrigere Preis-
niveau und der Wegfall von Exportbe-
schränkungen werden nach Einschät-
zung der EU-Kommission die Zucker-
ausfuhren der Gemeinschaft von jetzt
1,5 Mio. t auf etwa 1,9 Mio. t im
Jahr 2024 steigen lassen, während die
Importe bei weiterhin bestehendem
Außenschutz von rund 3,0 Mio. t auf
1,9 Mio. t sinken und dabei vor allem
im Rahmen von Präferenzabkommen
in die Gemeinschaft gelangen sollen.
Angesichts der bevorstehenden
Volatilitäten und Umbrüche am EU-
Zuckermarkt sorgen sich große Nach-
frager, wie die Lebensmittelindustrie,
um das europäische Rohstoffangebot.
„Unsere Industrie braucht Versor-
gungssicherheit. Das ist eine strate-
gisch wichtige Frage“, betonte der Re-
ferent des Bundesverbandes der Deut-
schen Süßwarenindustrie (BDSI), Kars-
ten Daum. Für ihn hat die Marktord-
nung Zucker „nicht immer gut
funktioniert“, und er erinnerte an den
Zeitraum von 2011 bis 2013, als knap-
per Zucker an die Verwender zugeteilt
werden musste. Daum begrüßte aus-
drücklich die größere Marktorientie-
rung durch die Abschaffung der Quote.
Er forderte aber gleichzeitig im neuen
System eine stärkere Absenkung des
Außenschutzes bei den Importen, um
Ware flexibler verfügbar zu machen.
Daum sprach sich deshalb für den Ab-
schluss von Freihandelsabkommen
aus, auch um neues Exportpotenzial
für die Süßwaren und den darin ste-
ckenden Zucker zu nutzen.
Außenschutz muss bleiben
Die Forderung einer Verringerung des
Außenschutzes stieß bei den Erzeugern
und den Zuckerunternehmen allerdings
auf klare Ablehnung. Markus Neundör-
fer von der Südzucker AG wies darauf-
hin, dass Länder wie Brasilien, Thailand
oder Indien stützend in den Markt ein-
griffen, während der EU-Markt liberali-
siert werde. Subventionierter Rohrzu-
cker dürfe nicht über den Umweg von
Freihandelsabkommen auf den EU-
Markt gelangen. Die EU-Kommission sei
gefordert, dieses Problem offensiver an-
zugehen, auch bei der Welthandelsorga-
nisation (WTO).
Branchenvereinbarungen
angestrebt
Für den Präsidenten der Internationa-
len Vereinigung Europäischer Zucker-
rübenanbauer (CIBE) und des Rheini-
schen Rübenbauer-Verbandes (RRV),
Bernhard Conzen, ist das klare Ziel
nach der Reform, „die Rübe in der Pro-
duktion zu halten und den Erzeugern
ein auskömmliches Einkommen zu si-
chern“. Das gelte für die EU wie auch
für Deutschland. Hierzulande setzt er
darauf, dass es auch in Zukunft koope-
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Zuckerrübenjournal
LZ 51 · 2015
Markus Neundör-
fer, Südzucker, Dr.
Ludger Schulze-
Pals, top agrar,
und Bernhard
Conzen, Rheini-
scher Rübenbau-
er-Verband, beim
Zuckerforum.
Fotos: Fred Zeller
Zucker ist nicht
gesundheits-
schädlich. Das
müsse verstärkt
kommuniziert
werden, wie zum
Beispiel im Inter-
net bei „Zucker
schmeckt richtig“.
Foto: Imago