Zuckerrübenjournal 2/2014 - page 3

LZ 20 · 2014
Zuckerrübenjournal
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| Z U C K E R | T E C H N I K | A N B A U | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T |
P O L I T I K
| A K T U E L L E S |
Wie geht es weiter
mit der Rübe?
Am 25. Mai sindWahlen zum Europaparlament.
Welche Positionen vertreten die einzelnen Parteien
beimThema Zuckermarkt?
Das Journal hat einige Kandidaten dazu befragt,
lesen Sie hier die Antworten.
Albert Dess:
Zuckermarkt wird globaler
Journal: Was passiert nach Ihrer
Meinung nach dem Wegfall der Zu-
ckermarktordnung 2017? Wie wirkt
sich der Wegfall auf Landwirte und
Zuckerfabriken aus?
Dess:
Was nach 2017 passiert, hängt un-
mittelbar vom Zuckerpreis ab. Der Preis
wird entscheidend sein, ob ein Land-
wirt weiterhin Zuckerrüben anbauen
wird. Aufgrund des Anstiegs der Erzeu-
gerpreise für konkurrierende Acker-
früchte ist die Wirt-
schaftlichkeit von
Zuckerrüben
grenzwertig gewor-
den. Daher werden
einige Landwirte den Anbau aufgeben.
Die Quotenregelung der EU ist ein
Instrument, das sicherstellt, dass im
Minimum 80 % des heimischen Ver-
brauchs auch tatsächlich erzeugt wer-
den. Dies erlaubt die Konzeption in
Verbindung mit der Verpflichtung der
Zuckerindustrie, mindestens über eine
der Zuckerquote entsprechende Men-
ge Rübenlieferverträge abzuschließen.
Zuckerfabriken benötigen natürlich
Kapazitäten, um eine Auslastung si-
cherzustellen. Daher werden die Zu-
ckerfabriken bestehende Verträge über
Liefermengen aufrechterhalten und
werden beobachten, ob genügend An-
bau für ihre Fabrik stattfindet.
Journal: Was kann die EU für die
Rübenanbauer tun?
Dess:
Die Europäische Kommission
hatte ursprünglich entschieden, dass
die Zuckermarkt-Regelung 2015 been-
det wird. In meinem Bericht zur Agrar-
Reform habe ich eine Verlängerung bis
2020 gefordert, was zunächst vom
Agrarausschuss und dann vom Europa-
parlament mit großer Mehrheit unter-
stützt wurde. Leider konnte für eine
solche Verlängerung trotz des Einsat-
zes der damaligen Agrar-Ministerin Il-
se Aigner im Rat keine Mehrheit ge-
funden werden.
Die EU wird den Markt nach dem
Wegfall der Zuckerquote aufmerksam
beobachten und mit Sicherheit Vorsor-
ge treffen, um gegebenenfalls maßvoll
und zielführend
einzugreifen,
wie zum Bei-
spiel durch In-
terventionskäu-
fe, aber auch durch private Lagerhal-
tung können die Rübenbauer unter-
stützt werden.
Journal: Sind die AKP- und
LDC-Staaten Gewinner oder Verlierer
des Wegfalls der Marktordnung, wenn
es keine gesicherten Preise mehr in
Europa gibt?
Dess:
Wie schon vor der Reform 2006,
werden die AKP- und LDC-Staaten er-
folgreich sein und Zucker wettbe-
werbsfähig anbauen können. Einige
Staaten, wie zum Beispiel Mosambik,
werden Gewinner sein, wohingegen
einige Karibikstaaten Verlierer sein
werden. Die LDC-Staaten haben ohne-
hin eine ‚Alles außer Waffen‘-Einfuhr-
option und können so ihre Produkte
auf dem EU-Gebiet ohne Zölle verkau-
fen.
Journal: Wird der europäische Markt
in Zukunft weiter mit europäischem
Zucker versorgt oder vielleicht doch
eher mit Zucker vom Weltmarkt?
Dess:
Sicherlich wird auch in Zukunft
Zucker in der EU angebaut. Doch der
Zuckermarkt ist im Gegenteil zum
Milchmarkt viel globaler. Dadurch
können zum Beispiel brasilianische
Konzerne den globalen Anbau, auch in
der EU, maßgeblich beeinflussen – mit
dem Resultat, dass ein Mehranbau in
Übersee die Preise in der EU drückt
und der EU-Zuckerrübenanbau
schrumpft. Das hätte zur Folge, dass
mehr Zucker vom Weltmarkt nach Eu-
ropa eingeführt wird. Ohne das gegen-
wärtige Mengenmanagement hätten
die jüngsten Entwicklungen am Welt-
zuckermarkt die Versorgung des hei-
mischen Marktes erheblich gefährdet
und die Volatilität des Weltmarktes auf
den Binnenmarkt voll durchschlagen
lassen.
Experten erwarten durch den An-
stieg des Lebensstandards vor allem in
den Schwellenländern eine Zunahme
des Weltzuckerverbrauchs, sodass hier
mittelfristig mit guten Perspektiven zu
rechnen ist.
Albert Dess
Agrarpolitischer
Sprecher der
Europäischen
Volkspartei
(EVP)-Fraktion,
Landwirt aus
Röckersbühl/
Oberpfalz
Foto: agrar-press
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