Zuckerrübenjournal 3/2013 - page 3

LZ 30 · 2013
Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
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Z U C K E R T E C H N I K A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T M A R K T
P O L I T I K
A K T U E L L E S
Journal:
Jetzt ist es amtlich: Die Zucker-
marktordnung wird nur bis 2016/17 ver-
längert und nicht – wie von der Branche
gefordert – bis 2020. Was halten Sie von
dieser Entscheidung?
Conzen:
Wir sind schon enttäuscht, dass
die Zuckermarktordnung nicht bis 2020
verlängert wurde. Die Vorbereitungszeit
für die Branche ist einfach zu kurz, um
sich auf den globalen Wettbewerb einzu-
stellen. Ich kann nicht nachvollziehen,
warumman ein über Jahrzehnte für die
Verbraucher und Wirtschaftsbeteiligten
erfolgreiches System nun ohne Not ver-
früht aufgibt. Für mich gibt es kein fach-
liches Argument, die Marktordnung nicht
bis 2020 zu verlängern.
Journal:
Mit welcher Begründung wurde
die Marktordnung nicht bis 2020 verlän-
gert? Was sprach dagegen?
Conzen:
Wie viele Entscheidungen in
Brüssel war auch diese ein Kompromiss
zwischen vielen Einzelwünschen der Mit-
gliedsländer. Es gab Länder, die nach der
Aufgabe des Rübenanbaus im Rahmen
der Restrukturierung nun wieder Quote
haben wollten, wie zum Beispiel Irland.
Als klar wurde, dass dies nicht funktio-
nierte, stimmte Irland gegen die Verlän-
gerung bis 2020. Andere Länder hatten
andere Interessen, zum Beispiel mehr
Rohzuckerimport zur Raffination, und am
Ende war dann leider nur der Kompro-
miss 2017 mehrheitsfähig.
Journal:
Ein Argument für die Verlänge-
rung bis 2020 war, dass die Branche mehr
Zeit braucht, um sich für den Wettbe-
werb fit zu machen. Ist das denn bis Sep-
tember 2017 zu schaffen?
Conzen:
Der Zeitraum ist in der Tat sehr
kurz. Das Ende zum 30. September 2017
heißt praktisch, dass nur noch die Ernte
2016 unter Marktordnungsbedingungen
abläuft. Und die Folgen der Restrukturie-
rung wirken nach. Wir hätten wirklich
mehr Zeit gebraucht, denn auch in der
Produktionstechnik, zum Beispiel in der
Züchtung, erwarten wir noch Fortschrit-
te, die uns bis 2020 geholfen hätten, die
Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
Journal:
Bis 2017 ist ja nicht mehr viel
Zeit: Droht dann das endgültige Aus der
Marktordnung?
Conzen:
Was die bisherigen Kernelemente
betrifft: Ja, die Zuckermarktordnung mit
Mindestpreis und Quote fällt dann weg.
Andere wesentliche Elemente sollen über-
nommen werden. Die Anbauerverbände
werden weiterhin, so der Kommissions-
vorschlag, mit den Zuckerfabriken Bran-
chenvereinbarungen, Preise und Verträge
verhandeln, ihre Position soll gestärkt
werden. Ich denke, regionale Erzeuger und
Verarbeiter werden näher zusammenrü-
cken, um dem härter werdendenWettbe-
werb auf demMarkt gerecht zu werden.
Journal:
Welche Auswirkungen hat diese
Entscheidung auf den Rübenanbau im
Rheinland? Worauf müssen sich die An-
bauer einstellen?
Conzen:
Ich sehe die Situation im Rhein-
land ganz entspannt, denn wir haben
beste Voraussetzungen für den Rübenan-
bau. Wenn wir im Rheinland die Rübe ei-
nes Tages aufgeben sollten, haben das
schon viele andere vor uns getan. Der Rü-
benbauer-Verband wird alles tun, um sei-
ne Mitglieder dabei zu unterstützen, den
Rübenanbau noch rentabler zu machen.
Und wer weiß, ob nicht vielleicht auch ei-
ne Chance in einem geänderten Markt
liegt? Vielleicht wird der Rohstoffprodu-
zent in Zukunft noch mehr Bedeutung
haben als bisher, da muss man abwarten,
wie die Situation wirklich ist nach 2017.
Journal:
Hat die kurze Laufzeit der Markt-
ordnung auch Auswirkungen außerhalb
Europas, zum Beispiel für die AKP-Staaten
und die Entwicklungsländer, die LDC?
Conzen:
Das hat auf jeden Fall Auswir-
kungen auf die APK-Länder und die LDC.
Ohne Quote haben auch diese Länder kei-
nen gesicherten Markt mehr. Damit sind
die entwicklungspolitischen Ziele, diesen
Ländern mit demMarktzugang in die EU
zu helfen, stark gefährdet.
Natascha Kreuzer
Zuckermarktordnung – und dann?
Interview mit Bernhard Conzen, Vorsitzender des Rheinischen Rübenbauer-Verbands
Zum Ende des Zuckerwirtschaftsjahres 2016/17, am 30. Sep-
tember 2017, läuft die Zuckermarktordnung aus. Darauf ha-
ben sich EU-Kommission, der Agrarrat und das EU-Parlament
Ende Juni verständigt. Was das für die Branche bedeutet, hat
das Journal Bernhard Conzen, Vorsitzender des Rheinischen
Rübenbauer-Verbands, gefragt.
„Mehr denn je sind
jetzt die Verbände
gefordert, auch auf
politischer Ebene den
Rübenanbau nach-
haltig abzusichern.“
Bernhard Conzen
Wir bedauern diese Entscheidung, auch
da sich die europäische Zuckerwirt-
schaft, das Europäische Parlament als
auch die LDC- beziehungsweise AKP-
Staaten für eine Verlängerung ausge-
sprochen haben.
Nun werden wir uns den neuen Wettbe-
werbsverhältnissen schneller stellen
müssen. Die in den letzten Jahren er-
reichten beachtlichen Effizienzsteige-
rungen sowohl auf dem Acker als auch
in den Fabriken werden wir forciert fort-
führen. Dazu setzen wir auf solche Vereinbarungen zwi-
schen Industrie und Landwirtschaft, die für beide Seiten
Planungssicherheit ergeben. Die gute Zusammenarbeit in
der langen gemeinsamen Vergangenheit stellt dafür eine
gute Basis dar.
Dr. Botho von Schwarzkopf, Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG
Dr. Botho von
Schwarzkopf
Foto: Landpixel
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