Zuckerrübenjournal 4/2012 - page 7

LZ 49 · 2012
Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
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Z U C K E R T E C H N I K A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T M A R K T
P O L I T I K
A K T U E L L E S
nisation für land-
wirtschaftliche Erzeug-
nisse einfließen.
Journal:
Was will der Deutsche Bauern-
verband in dieser Diskussion erreichen?
Rukwied:
Unser Ziel ist klar formuliert:
Die Verlängerung der bestehenden Zu-
ckermarktordnung bis mindestens 2020.
Wir arbeiten dafür eng mit den deut-
schen und europäischen Fachverbänden
der Zuckerrübenanbauer und Zucker-
unternehmen, insbesondere den Dach-
verbänden der deutschen Zuckerrü-
benanbauerverbände, zusammen und
treten beim Bund und in Brüssel gemein-
sam für unser Anliegen ein.
Journal:
Welche Chancen geben Sie der
Rübe ohne Marktordnung? Sind Bioener-
gie und Industrierüben Alternativen, die
sich lohnen?
Rukwied:
Seit der Reform von 2006 ist
viel geschehen. Wir haben die Effizienz
der europäischen Zuckerrübenproduktion
verbessert. Die Züchtung war erfolgreich
mit leistungsfähigeren Sorten. Gerade
hier gibt es aber noch weiteres Potenzial,
um die Zuckererträge zu steigern. Wir be-
finden uns also auf dem richtigen Weg
und arbeiten hart an unserer Wettbe-
werbsfähigkeit. Vor 2020 wird der heimi-
sche Zuckerrübenanbau aber keinesfalls
ohne Marktordnung bestehen können.
Die energetische Verwertung der Zucker-
rübe ergänzt die Nutzungsmöglichkeiten
dieser Kultur, kann aber auf absehbare
Zeit kein echter Ersatz, sondern nur eine
Ergänzung zur Nahrungsmittelerzeugung
sein. Ein Zuckerrübenanbau ausschließ-
lich zur Gewinnung von Bioenergie und
zur Non-Food-Verwertung ist bislang
noch nicht wirtschaftlich tragfähig.
Schließlich muss die An-
baufläche einen Mindest-
umfang behalten, der für al-
le Beteiligten in der Wert-
schöpfungskette attraktiv ist.
Ich denke hier vor allem an die
Züchter, die Landtechnik- oder die
Pflanzenschutzmittelhersteller.
Journal:
Viele Rübenanbauer setzen auf
die Biogaserzeugung als alternative Ver-
wertung der Zuckerrübe. Die aktuellen
Pläne der EU zum Biosprit lassen aber er-
hebliche Zweifel an der Sicherheit für
derartige Investitionen aufkommen. Was
raten Sie Ihren Berufskollegen?
Rukwied:
Die Pläne der EU-Kommission
beziehen sich gegenwärtig nur auf die
künftige Politik bei Biokraftstoffen und
lassen die Stromerzeugung in EEG-Anla-
gen zunächst unberührt. Bislang hat sich
das EEG als verlässliche Grundlage erwie-
sen. Ich gehe fest davon aus, dass auch in
Zukunft der Bestandsschutz für getätigte
Investitionen erhalten bleibt. Beim Neu-
bau von Biogasanlagen muss aber ganz
besonders auf die Rentabilität geachtet
werden. Sie müssen konzeptionell zum
jeweiligen Standort und zum landwirt-
schaftlichen Betrieb passen und sollten
möglichst über ein sinnvolles Wärmekon-
zept verfügen. Nicht nur der investive
Aufwand ist hier entscheidend. Vor allem
die langfristigen Rohstoffkosten werden
bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen
häufig zu niedrig angesetzt. Für die Zu-
ckerrübe sehen wir durchaus Potenzial,
sie als Alternative zu Mais stärker in der
Biogasproduktion einzusetzen.
Journal:
Sie sind Südzucker-Lieferant. Wie
beurteilen Sie die Marktposition der in
Deutschland ansässigen Zuckerunterneh-
men imWettbewerb?
Rukwied:
Südzucker, Nordzucker und
Pfeifer & Langen gehören zu den mit Ab-
stand leistungsfähigsten Zuckerunter-
nehmen der EU. Alle drei profitieren in
erster Linie davon, dass die deutschen Rü-
benanbauer Jahr für Jahr hohe und stabi-
le Erträge erzielen.
Jedes Unternehmen für sich hat im letz-
ten Jahrzehnt die Werkstrukturen und
damit die Fixkosten optimiert. Darüber
hinaus konnten inzwischen alle drei Un-
ternehmen zahlreiche ausländische Be-
teiligungen erwerben und zum Teil auch
neue Geschäftsfelder neben der Zucker-
erzeugung erschließen. Das hat die Un-
ternehmensergebnisse stabilisiert. Durch
eine Verlängerung der Zuckermarktord-
nung in ihrer jetzigen Form bis mindes-
tens 2020 werden die Unternehmen in
die Lage versetzt, ihre Wettbewerbsfähig-
keit auch im globalen Maßstab zu erhal-
ten.
Natascha Kreuzer
Brüssel will weiteren
Zucker freigeben
Die Europäische Kommission will die Versorgung am Zu-
ckermarkt verbessern. Deshalb sollen voraussichtlich ab Ja-
nuar 2013 etwa 1,2 Mio. t Zucker zusätzlich auf den Bin-
nenmarkt gelangen. Das kündigte die Brüsseler Behörde
am 8. November an. Wie der Sprecher von EU-Agrarkom-
missar Dr. Dacian Ciolo˛s erläuterte, will man dabei zu glei-
chen Teilen sowohl gesperrte Mengen aus EU-eigener
Überschussproduktion freigeben als auch Extraimporte
vomWeltmarkt ermöglichen. Er begründete die Maßnah-
me mit einer weiter angespannten Versorgungslage. Ob-
wohl aus dem vergangenen Wirtschaftsjahr Bestände in
Höhe von 2 Mio. t übertragen worden seien, öffne sich die
Schere zwischen den Preisen am EU-Binnenmarkt und am
Weltmarkt weiter. Die geschätzten Endbestände des lau-
fenden Wirtschaftsjahrs seien um 0,5 auf 1,5 Mio. t nach
unten korrigiert worden. Gleichzeitig soll die zweite
Tranche für Zuckerexporte aus gesperrten EU-Überschüs-
sen in Drittländer eröffnet werden; dabei geht es um
700 000 t. Damit wäre die von der Welthandelsorga-
nisation (WTO) erlaubte jährliche Gesamtmenge von
1,37 Mio. t bis auf einen Rest von 0,2 Mio. t ausgeschöpft.
Unterdessen geht der Streit über eine schnelle Abschaffung
oder die Beibehaltung der Zuckerquoten weiter. Die euro-
päischen Dachverbände der Rübenanbauer (CIBE) und Zu-
ckerhersteller (CEFS) warnten anlässlich einer Veranstal-
tung im Europäischen Parlament gemeinsammit Arbeit-
nehmervertretern sowie den Ländern Afrikas, der Karibik
und des Pazifikraums (AKP-Staaten) vor einem Auslaufen
der Quoten vor 2020. Die Regelung gewährleiste, dass der
Zuckersektor seinen Beitrag für intelligentes, nachhaltiges
Wachstum leisten könne, wie dies in der EU-Strategie 2020
vorgesehen sei. Gleichzeitig werde die Versorgung sicherge-
stellt. Die Verbände verwiesen auf die Einschnitte, die der
Sektor im Rahmen der Zuckermarktreform von 2006 habe
hinnehmen müssen: 83 Produktionsanlagen seien stillge-
gelegt worden und mehr als 22 000 Arbeitsplätze verloren-
gegangen, während 150 000 Landwirte den Rübenanbau
eingestellt hätten und die EU sich zum Nettoimporteur von
Zucker gewandelt habe.
AgE
Foto: Natascha Kreuzer
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