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Zuckerrübenjournal

LZ 9 · 2016

| A K T U E L L E S | P O L I T I K | M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T

A N B A U

T E C H N I K | Z U C K E R |

Eignung als Winterrübe oder Herbizid-

resistenzen.

Wie schwierig die Auswahl geeig-

neter Zuchtpflanzen ist, zeigte er an ei-

nem Beispiel: „Sind zum Beispiel 20

Gene an einem Merkmal beteiligt,

braucht man 1,1 Billionen Rübenpflan-

zen, das entspricht 11 Mio. ha, aus de-

nen man die richtige Pflanze suchen

muss.“ Hier können molekulare Mar-

ker helfen, mit denen die richtigen Ge-

ne gefunden werden können. Trotz-

dem seien Feldprüfungen unverzicht-

bar, so Schechert.

Auch unter geänderten Klimabedin-

gungen werde der Zuchtfortschritt für

Resistenzen und Ertragssteigerungen

ungebrochen sein. Da aber die Witte-

rungsbedingungen zwischen den ein-

zelnen Jahren stärker schwanken wür-

den, sei ein reichhaltiges Angebot ganz

unterschiedlicher Sorten wichtig, er-

klärte Schechert abschließend.

Beizen in der Diskussion

Über die schwierige Lage bei den

Neonicotinoiden, Hauptbestandteil

unter anderem von Rübenbeizen,

sprach Bernhard Galster von Bayer

CropScience. Sie seien durch den Bie-

nenunfall 2008 in Baden-Württemberg

in die Diskussion gekommen. Neonicoti-

noide seien zwar sehr wirksam, hätten

aber eine hohe Bienentoxizität. Infolge-

dessen sei 2013 die Zulassung in bienen-

attraktiven Kulturen ausgesetzt worden.

„Dazu zählt die Rübe zwar nicht, aber es

hat trotzdem Auswirkungen, zum Bei-

spiel das Verbot auf drainierten Flächen.

Die Entscheidung, ob dieses Verbot zur

Aussaat 2016 bleibt, steht noch aus.“

Auf europäischer Ebene liegen zur-

zeit 376 Studien zu Neonicotinoiden

bei der Europäischen Behörde für Le-

bensmittelsicherheit vor, die bis 2017

gesichtet und ausgewertet werden sol-

len. Danach soll die Europäische Kom-

mission entscheiden.

Wie es grundsätzlich mit den Bei-

zen weitergeht, sieht Galster eher kri-

tisch. Es seien mittelfristig keine neu-

en Wirkstoffe in Sicht und die Zulas-

sung werde immer schwieriger, da

man neue Zulassungsrichtlinien er-

warte. Durch die kontroverse Diskussi-

on, zum Beispiel über Glyphosat oder

eben die Neonicotinoide, werde die Si-

tuation nicht leichter. Bayer werde

weiter kämpfen.

Ab 2019 soll das neue Conviso-

Smart-Herbizidsystem für den Rü-

benanbau verfügbar sein. Dabei han-

delt es sich um herbizidtolerante Zu-

ckerrübensorten, die von KWS entwi-

ckelt wurden, und das passende Herb-

zid von Bayer. „Die Sorte wurde

klassisch gezüchtet und aus 1,5 Mrd.

Zellen gefunden“, berichtete Anja Rei-

mers von KWS. „Der ALS-Hemmer ge-

hört zur Gruppe der Sulfonylharnstof-

fe und ist bereits aus anderen Kulturen

bekannt“, berichtete Heinrich Mumme

von Bayer CropScience. Die Aufwand-

menge soll bei ein bis zwei Anwen-

dungen bei einer Gesamtmenge von

1 l/ha liegen und zwischen dem 1- bis

3-Blattstadium bis zum 6-Blattstadium

der Unkräuter eingesetzt werden. „Das

Herbizid Conviso kann auch mit ande-

ren Wirkstoffen gemischt werden und

ist sehr kulturverträglich. Es kann bei

jeder Witterung eingesetzt werden.“

Einzige Wirklücke ist Ehrenpreis.

„Die Rübe wird in

den freien Markt

entlassen“, so Dr.

Friedrich-Wilhelm

Kuhlmann vom

Bundeslandwirt-

schaftsministe-

rium.

Fritz Nelles, LIZ,

gab einen interes-

santen Rückblick

auf 40 Jahre

Rübenanbau-

beratung.

„Der Vorteil des Systems sind ver-

ringerte Aufwandmengen mit weniger

Überfahrten oder Verpackung und we-

niger Mischungs- oder Anwendungs-

fehler“, fasste Mumme zusammen. Zur

Sorte ergänzte Anja Reimers, dass die

Conviso-Sorten zunächst nicht so er-

tragsstark wie die normalen Sorten

sein werden. Sie stellen eine Ergän-

zung des bisherigen Spektrums dar. In

diesem Jahr werde das erste Prüfjahr

stattfinden, sodass ab 2019 in der Pra-

xis mit dem System zu rechnen sei.

Der liberalste Markt der Welt

Welche Herausforderungen die europä-

ische Zuckermarktpolitik vor sich hat,

erläuterte Dr. Friedrich-Wilhelm Kuhl-

mann vom Bundeslandwirtschaftsmi-

nisterium. Zunächst warf er einen Blick

auf den Weltzuckermarkt, wo der Ver-

brauch erstmals wieder über der Erzeu-

gung liegt. Dieser Trend wird in diesem

Jahr auch für den EU-Zuckermarkt er-

wartet. Gleichzeitig gab es 2014/15 fast

3 Mio. t Nichtquotenzucker, der bis zur

WTO-Grenze von 1,4 Mio. t exportiert

wurde. Durch die umfangreiche Über-

tragung von Quotenzucker konnten die

Bestände auf den niedrigsten Stand seit

2006 gebracht werden und liegen bei

5 % des Verbrauchs. Um den Markt wei-

ter zu entlasten, wurde Ende Januar

der Export von 700 000 t Zucker geneh-

migt, deshalb sehe die Kommission zur-

zeit keine Notwendigkeit für Marktre-

gulierungsmaßnahmen, so Kuhlmann.

„Wie geht es nach 2017 weiter? Pro-

duktionsquote, Mindestpreis und Pro-

duktionsabgabe sind für Zucker und

Isoglucose weg“, erklärte Dr. Kuhl-

mann. Private Lagerhaltung wird wei-

ter möglich sein. Es wird Preisinforma-

tionssysteme geben und Erzeugerorga-

nisationen können gegründet werden.

Zur Marktregulierung in Krisen sind

außergewöhnliche Marktmaßnahmen

möglich, ebenso könnten Exporterstat-

tungen aktiviert werden. Ein Außen-

schutz bleibe erhalten, die WTO-Ober-

grenze für Exporte falle weg.

Zukünftige Aspekte des Rübenanbaus

stellten Bernhard Galster von Bayer,

Klaus Theobald, Landwirtschaftskammer

NRW, Anja Reimers, KWS, Heinrich

Mumme, ebenfalls von Bayer, sowie Al-

fons Lingnau, Rheinischer Rübenbauer-

Verband, vor (v.l.n.r.).

Fotos: Natascha Kreuzer