Background Image
Previous Page  11 / 24 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 11 / 24 Next Page
Page Background

LZ 9 · 2016

Zuckerrübenjournal

| 11

| Z U C K E R | T E C H N I K

A N B A U

B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T | P O L I T I K | A K T U E L L E S |

Welche Handelsregelungen gibt es

nach 2017 bei Zucker? Es wird einen

festen Zollsatz von 419 €/t Weißzucker

geben. Die besondere Schutzklausel

bleibt ebenso wie Zollpräferenzen

zum Beispiel für die Länder des Afri-

kanischen, Karibischen und Pazifi-

schen Raums (AKP) und für die Ent-

wicklungsländer (LDC). Außerdem gel-

ten weitere Freihandelsabkommen.

„Die Kommission erwartet, dass die

Preise weiter unter Druck stehen. Die

Zuckerproduktion wird gleich bleiben

oder sogar weiter steigen und die Iso-

glucose-Marktanteile werden zuneh-

men“, so Dr. Kuhlmann. Die Importe

können zurückgehen, da es bei sinken-

den Preisen unattraktiver wird, nach

Europa zu liefern. Der Wegfall der

WTO-Obergrenzen könnte den Export

steigen lassen. „Insgesamt wird sich

der Selbstversorgungsgrad für Zucker

in der EU wieder Richtung 100 % be-

wegen.“

Nach der Einschätzung von Dr.

Kuhlmann liegen die Produktionskos-

ten in Deutschland über dem EU-

Durchschnitt. „Gekoppelte Zahlungen,

wie sie in einigen EU-Ländern gezahlt

werden, wollte Deutschland nicht. Er-

laubt sind sie nur in Sektoren mit wirt-

schaftlichen Schwierigkeiten, sie sol-

len keine Anregung zur Produktions-

steigerung sein. Hier wird es zu Wett-

bewerbsverzerrungen in der EU kom-

men.“ Der Rübenanbau werde in zehn

EU-Ländern durch gekoppelte Zahlun-

gen mit im Schnitt 354 €/ha gestützt.

„Dahinter verbirgt sich ein Drittel der

europäischen Rübenfläche“, verdeut-

lichte Kuhlmann. Die Wettbewerbsver-

zerrungen seien gravierend und stütz-

ten ineffiziente Strukturen, an der

Stützung werde sich bis 2020 nichts

ändern. „Der Erhalt der Zuckerproduk-

tion in Deutschland wird kein Selbst-

läufer sein. Ich erwarte eine sehr

schwierige Phase, denn die Zucker-

wirtschaft wird in den liberalsten Zu-

ckermarkt der Welt geschickt. Dieser

Umbruch muss politisch begleitet wer-

den, denn eine Marktregulierung wird

es nicht mehr geben.“

Zucker regional?

Regionalität ist bei Lebensmitteln ge-

fragt, doch was ist der heimische Zu-

cker Zuckerverwendern wirklich wert?

Leider nicht so viel wie erhofft, wie Dr.

Jürgen Häffner, Zuckerverkäufer bei

Pfeifer & Langen, ausführte. Die Verar-

beiter würden eine Marke, gute Quali-

tät und nachhaltige Produktion erwar-

ten, aber das sei selbstverständlich

und würde nicht extra bezahlt. „Wenn

der Zucker aus Übersee kommt, dann

ist das vielen zu weit weg, aber inner-

halb Europas spielt die Regionalität

kaum eine Rolle“, berichtete Häffner

aus vielen Kundengesprächen. Dies

zeige sich auch bei Pfeifer & Langen

mit den beiden Marken Kölner Zucker

und Diamant. „In Paris interessiert sich

keiner für Kölner Zucker“, wie Häffner

mit einem Augenzwinkern erklärte. Im

„Innerhalb Euro-

pas spielt die Regi-

onalität kaum ei-

ne Rolle“, berich-

tete Dr. Jürgen

Häffner, Zucker-

verkäufer bei

Pfeifer & Langen.

„Wir wollen alle

die Rübe in eine

gute Zukunft brin-

gen“, so Bernhard

Conzen, Rheini-

scher Rübenbau-

er-Verband, in sei-

nem Schlusswort.

Fotos: Natascha

Kreuzer

Ehrennadel überreicht

Im Namen des Vereins zur Förderung der Landtechnik Bonn e.V. überreichte Prof.

Dr. Peter Schulz Lammers die „Carl-Heinrich-Dencker-Ehrennadel“ an Dr. Bernd

Kämmerling vom Landwirtschaftlichen Informationsdienst Zuckerrübe (LIZ) in

Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der Forschung zum Zuckerrü-

benanbau in Europa. Er habe mit Vision und Tatkraft das Beratungswesen im Zu-

ckerrübenanbau unter Nutzung der neuen Medien entwickelt, so die Laudatio.

Lebensmitteleinzelhandel sei die Regi-

onalität ein großes Thema, würde aber

nicht extra honoriert.

Stattdessen sehe man sich einem

hart umkämpften Markt gegenüber, in

dem hochintensive Süßstoffe, Zucker-

alkohole, Mono- und Disaccharide so-

wie stärkebasierte Süßungsmittel an-

geboten würden, die mit Zucker kon-

kurrierten. Man müsse mit den Kun-

den wachsen, weil auch die wüchsen

und ihr Verbrauch steige. „Man kann

über Regionalität viel diskutieren, aber

am Ende hat der Markt immer recht,

egal, ob es einem gefällt oder nicht.“

Aus Sicht eines Beraters

Die Arbeitsgemeinschaft Zuckerrü-

benanbau wurde 1983 gegründet und

Fritz Nelles vom Landwirtschaftlichen

Informationsdienst Zuckerrübe ist von

Anfang an dabei. Auf der Beraterta-

gung blickte er nun kurz vor Ende sei-

ner beruflichen Tätigkeit zurück auf 50

Jahre Rübenanbau.

Bis in die 1970-er Jahre sei der Rü-

benanbau von der Devise „Masse statt

Klasse“ geprägt. Als erste Fabrik in

Deutschland führte Ameln 1972 ein

Rübenlabor ein, um Inhaltsstoffe zu

analysieren. „Dabei zeigte sich früh:

Der Betriebsleiter und nicht der Stand-

ort sind für die Qualität maßgeblich“,

so Nelles. Dies führte dann auch Ende

der 70-er Jahr zu den ersten Schlagkar-

teiauswertungen, bis 1980 nahmen im-

merhin schon 1 000 Betriebe daran teil.

Infolgedessen entstand beispielsweise

die N

min

-Methode. Die 1980-er Jahre

waren vor allem von den Nematoden

geprägt, die biologische Bekämpfung

entwickelte sich. Heute ständen The-

men, wie der richtige Zwischen-

fruchtanbau, die Schwadbeprobung,

die Kombination von Raps und Rüben

in einer Fruchtfolge, aber auch das Di-

tylenchus-Screening und die Nemato-

den im Unterboden auf der Tagesord-

nung, so Nelles.

„Die Themen haben gezeigt, dass

wir im Wettbewerb stehen“, so Bern-

hard Conzen, Vorsitzender des Rheini-

schen Rübenbauer-Verbands, in sei-

nem Schlusswort. „Wir sitzen alle in

einem Boot und es darf keine Gewin-

ner und Verlierer geben. Wir wollen

alle die Rübe in die Zukunft bringen,

deshalb müssen wir alle für die Rübe

und für Zucker in der Öffentlichkeit

kämpfen.“

Natascha Kreuzer