LZ 9 · 2016
Zuckerrübenjournal
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A N B A U
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T | P O L I T I K | A K T U E L L E S |
Welche Handelsregelungen gibt es
nach 2017 bei Zucker? Es wird einen
festen Zollsatz von 419 €/t Weißzucker
geben. Die besondere Schutzklausel
bleibt ebenso wie Zollpräferenzen
zum Beispiel für die Länder des Afri-
kanischen, Karibischen und Pazifi-
schen Raums (AKP) und für die Ent-
wicklungsländer (LDC). Außerdem gel-
ten weitere Freihandelsabkommen.
„Die Kommission erwartet, dass die
Preise weiter unter Druck stehen. Die
Zuckerproduktion wird gleich bleiben
oder sogar weiter steigen und die Iso-
glucose-Marktanteile werden zuneh-
men“, so Dr. Kuhlmann. Die Importe
können zurückgehen, da es bei sinken-
den Preisen unattraktiver wird, nach
Europa zu liefern. Der Wegfall der
WTO-Obergrenzen könnte den Export
steigen lassen. „Insgesamt wird sich
der Selbstversorgungsgrad für Zucker
in der EU wieder Richtung 100 % be-
wegen.“
Nach der Einschätzung von Dr.
Kuhlmann liegen die Produktionskos-
ten in Deutschland über dem EU-
Durchschnitt. „Gekoppelte Zahlungen,
wie sie in einigen EU-Ländern gezahlt
werden, wollte Deutschland nicht. Er-
laubt sind sie nur in Sektoren mit wirt-
schaftlichen Schwierigkeiten, sie sol-
len keine Anregung zur Produktions-
steigerung sein. Hier wird es zu Wett-
bewerbsverzerrungen in der EU kom-
men.“ Der Rübenanbau werde in zehn
EU-Ländern durch gekoppelte Zahlun-
gen mit im Schnitt 354 €/ha gestützt.
„Dahinter verbirgt sich ein Drittel der
europäischen Rübenfläche“, verdeut-
lichte Kuhlmann. Die Wettbewerbsver-
zerrungen seien gravierend und stütz-
ten ineffiziente Strukturen, an der
Stützung werde sich bis 2020 nichts
ändern. „Der Erhalt der Zuckerproduk-
tion in Deutschland wird kein Selbst-
läufer sein. Ich erwarte eine sehr
schwierige Phase, denn die Zucker-
wirtschaft wird in den liberalsten Zu-
ckermarkt der Welt geschickt. Dieser
Umbruch muss politisch begleitet wer-
den, denn eine Marktregulierung wird
es nicht mehr geben.“
Zucker regional?
Regionalität ist bei Lebensmitteln ge-
fragt, doch was ist der heimische Zu-
cker Zuckerverwendern wirklich wert?
Leider nicht so viel wie erhofft, wie Dr.
Jürgen Häffner, Zuckerverkäufer bei
Pfeifer & Langen, ausführte. Die Verar-
beiter würden eine Marke, gute Quali-
tät und nachhaltige Produktion erwar-
ten, aber das sei selbstverständlich
und würde nicht extra bezahlt. „Wenn
der Zucker aus Übersee kommt, dann
ist das vielen zu weit weg, aber inner-
halb Europas spielt die Regionalität
kaum eine Rolle“, berichtete Häffner
aus vielen Kundengesprächen. Dies
zeige sich auch bei Pfeifer & Langen
mit den beiden Marken Kölner Zucker
und Diamant. „In Paris interessiert sich
keiner für Kölner Zucker“, wie Häffner
mit einem Augenzwinkern erklärte. Im
„Innerhalb Euro-
pas spielt die Regi-
onalität kaum ei-
ne Rolle“, berich-
tete Dr. Jürgen
Häffner, Zucker-
verkäufer bei
Pfeifer & Langen.
„Wir wollen alle
die Rübe in eine
gute Zukunft brin-
gen“, so Bernhard
Conzen, Rheini-
scher Rübenbau-
er-Verband, in sei-
nem Schlusswort.
Fotos: Natascha
Kreuzer
Ehrennadel überreicht
Im Namen des Vereins zur Förderung der Landtechnik Bonn e.V. überreichte Prof.
Dr. Peter Schulz Lammers die „Carl-Heinrich-Dencker-Ehrennadel“ an Dr. Bernd
Kämmerling vom Landwirtschaftlichen Informationsdienst Zuckerrübe (LIZ) in
Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der Forschung zum Zuckerrü-
benanbau in Europa. Er habe mit Vision und Tatkraft das Beratungswesen im Zu-
ckerrübenanbau unter Nutzung der neuen Medien entwickelt, so die Laudatio.
Lebensmitteleinzelhandel sei die Regi-
onalität ein großes Thema, würde aber
nicht extra honoriert.
Stattdessen sehe man sich einem
hart umkämpften Markt gegenüber, in
dem hochintensive Süßstoffe, Zucker-
alkohole, Mono- und Disaccharide so-
wie stärkebasierte Süßungsmittel an-
geboten würden, die mit Zucker kon-
kurrierten. Man müsse mit den Kun-
den wachsen, weil auch die wüchsen
und ihr Verbrauch steige. „Man kann
über Regionalität viel diskutieren, aber
am Ende hat der Markt immer recht,
egal, ob es einem gefällt oder nicht.“
Aus Sicht eines Beraters
Die Arbeitsgemeinschaft Zuckerrü-
benanbau wurde 1983 gegründet und
Fritz Nelles vom Landwirtschaftlichen
Informationsdienst Zuckerrübe ist von
Anfang an dabei. Auf der Beraterta-
gung blickte er nun kurz vor Ende sei-
ner beruflichen Tätigkeit zurück auf 50
Jahre Rübenanbau.
Bis in die 1970-er Jahre sei der Rü-
benanbau von der Devise „Masse statt
Klasse“ geprägt. Als erste Fabrik in
Deutschland führte Ameln 1972 ein
Rübenlabor ein, um Inhaltsstoffe zu
analysieren. „Dabei zeigte sich früh:
Der Betriebsleiter und nicht der Stand-
ort sind für die Qualität maßgeblich“,
so Nelles. Dies führte dann auch Ende
der 70-er Jahr zu den ersten Schlagkar-
teiauswertungen, bis 1980 nahmen im-
merhin schon 1 000 Betriebe daran teil.
Infolgedessen entstand beispielsweise
die N
min
-Methode. Die 1980-er Jahre
waren vor allem von den Nematoden
geprägt, die biologische Bekämpfung
entwickelte sich. Heute ständen The-
men, wie der richtige Zwischen-
fruchtanbau, die Schwadbeprobung,
die Kombination von Raps und Rüben
in einer Fruchtfolge, aber auch das Di-
tylenchus-Screening und die Nemato-
den im Unterboden auf der Tagesord-
nung, so Nelles.
„Die Themen haben gezeigt, dass
wir im Wettbewerb stehen“, so Bern-
hard Conzen, Vorsitzender des Rheini-
schen Rübenbauer-Verbands, in sei-
nem Schlusswort. „Wir sitzen alle in
einem Boot und es darf keine Gewin-
ner und Verlierer geben. Wir wollen
alle die Rübe in die Zukunft bringen,
deshalb müssen wir alle für die Rübe
und für Zucker in der Öffentlichkeit
kämpfen.“
Natascha Kreuzer