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Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
LZ 30 · 2012
gunsten einer Marktordnungsverlänge-
rung bei Zucker bis mindestens 2020.
Man stehe zu dieser Position und habe
sie inzwischen auch weiterentwickelt. So
unterstütze man Bestrebungen, die Rech-
te von Anbauer- und Erzeugergemein-
schaften künftig zu stärken. Auch das
Ziel, den Verwaltungsaufwand zu redu-
zieren, sei richtig. Es sei aber zudem nö-
tig, künftig schneller auf Marktentwick-
lungen reagieren zu können.
Auch nach seiner Ansicht brauche die
EU-Zuckerwirtschaft noch mehr Zeit zur
Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähig-
keit. Das aktuelle Marktordnungssystem
sei gut und zudem für die EU preiswert.
Eine Steuerung des Zuckermarktes ist
nach seiner Meinung auch über das Jahr
2020 hinaus unerlässlich.
Abschließend sandte er zwei Botschaf-
ten an die Kongressteilnehmer: Zum Ers-
ten forderte er sie auf, bei ihren jeweili-
gen nationalen Regierungen für die CIBE-
Position in der Frage der künftigen EU-Zu-
ckerpolitik zu werben, um dafür eine
Mehrheit im Agrarrat zu sichern. Zum
Zweiten wies er auf die seiner Meinung
nach grundsätzlich positive Perspektive
für Agrarrohstoffe und damit auch für
Zucker hin, denn der Bedarf steige konti-
nuierlich.
Die CIBE-Position für eine Verlänge-
rung der laufenden Zuckermarktordnung
erhielt imVerlauf des Kongresses noch
weitere bedeutende Unterstützung, so
von Josef Daul, Vizepräsident des Europä-
ischen Parlaments, von Marie-Christine
Ribera, Generalsekretärin des Verbandes
der Europäischen Zuckerindustrie CEFS,
von Barry Newton, Repräsentant der AKP-
Staaten und der LDC, der am wenigsten
entwickelten Länder der Erde, die um ihre
Präferenzen fürchten, und schließlich von
Gerd Sonnleitner in seiner Funktion als
amtierender Präsident des Europäischen
Bauernverbandes COPA. Sonnleitner be-
tonte die gute und enge Zusammenar-
beit von COPA und CIBE. Die Zuckerrübe
stehe inzwischen mitten imWettbewerb
der Feldfrüchte. Daher seien stabile Rah-
menbedingungen für die Nachhaltigkeit
des Anbaus von großer Wichtigkeit. Sonn-
leitner ging auch auf die sonstigen Kern-
punkte der GAP-Reformdiskussion ein. So
forderte er beispielsweise ein Greening
mit Augenmaß und unter Berücksichti-
gung regionaler Besonderheiten ein. Das
Thema Flächenverlust sei dabei nicht nur
ein deutsches, sondern ein europäisches
Thema. Eine Entscheidung über die GAP-
Reform erwartet Präsident Sonnleitner
erst 2014.
Wie ein roter Faden zog sich durch die
meisten Statements die Erwartung, dass
die Preisschwankungen an den Agrarroh-
stoffmärkten zunehmen werden, also
auch bei Zucker. Das aktuelle System der
Zuckermarktordnung sei ein hilfreiches
Instrument zur Stabilisierung der Märkte,
der Preise und nicht zuletzt auch der Er-
zeugung, sowohl in der EU als auch in
den AKP- und LDC-Staaten.
Auch Zuckermarkt ein Thema
Trotz des zuckerpolitischen Schwerpunk-
tes beschäftigten sich die Delegierten un-
ter anderem auch mit den aktuellen Ent-
wicklungen am Zuckermarkt und mit den
regionalen und nationalen Regelungen
zur Anbauerbeteiligung an den Zucker-
erlösen. Nach Ansicht der International
Sugar Organisation (ISO) sind das Bevöl-
kerungswachstum und die Marktent-
wicklung bei alternativen Süßungsmit-
teln, wie zum Beispiel Stevia, wichtige
Einflussfaktoren auf den Zuckerwelt-
markt. Noch entscheidender für den Zu-
ckerverbrauch sei aber die Einkommens-
entwicklung. Die steigende Nachfrage
nach Süßungsmitteln wie Stevia könne
die wachsende Nachfrage nach Zucker
nicht auffangen, sodass der Zuckerbedarf
weiter ansteigen werde. Für 2020 erwar-
tet die ISO einen Weltzuckerverbrauch
von etwa 200 Mio. t. Zurzeit liegt der Ver-
brauch bei rund 170 Mio. t.
Martin Todd vom Zuckermarktanalys-
ten LMC International bescheinigte der
EU-Zuckerwirtschaft zunächst deutliche
Effizienzsteigerungen, welche die inter-
nationale Wettbewerbsfähigkeit der eu-
ropäischen Rübenzuckererzeugung ver-
bessert haben. Beim Anbau habe Europa
mit der Rübe mittlerweile höhere Hektar-
erträge an Zucker als Brasilien beim Rohr.
Zuckerverbände vor
Generationswechsel
Neuer Hauptgeschäftsführer der Wirt-
schaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ)
und des Vereins der Zuckerindustrie
(VdZ) wird zum 1. Oktober Günter Tis-
sen (44). Tissen, Agrarökonom und bis-
her Regierungsdirektor im Bundesmi-
nisterium für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (BMELV),
löst den langjährigen gemeinsamen
Hauptgeschäftsführer der beiden zu-
ckerwirtschaftlichen Bundesverbände
Dr. Dieter Langendorf ab, der nach
32-jähriger Tätigkeit für die Zuckerwirt-
schaft in Ruhestand geht. Langendorf
kam Anfang 1981 zur WVZ und ist seit
1989 in Personalunion Hauptgeschäfts-
führer vonWVZ und VdZ. Mit der Beru-
fung von Tissen, der vor seiner Tätigkeit
im BMELV mehrere Jahre an der dama-
ligen Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft wissenschaftlich tätig
war, setzt die Zuckerwirtschaft auch weiterhin auf einen
ausgewiesenen Agrarexperten an der hauptamtlichen Spit-
ze ihrer Bundesverbände. Zumweiteren Geschäftsführer
des Vereins der Zuckerindustrie wurde Rechtsanwalt und
Diplom-Biologe Marcus Otto (40) bestellt. Otto ist seit 2004
Leiter des Referates Lebensmittelrecht des VdZ.
wVZ
Günter Tissen
Dr. Dieter
Langendorf
A k T u E L L E S
P o L I T I k M A R k T B E T R I E B S w I R T S c H A F T A N B A u T E c H N I k Z u c k E R
Die champagne war diesmal Gastgeber des
cIBE-kongresses.
Foto: Le Betteravier français