Zuckerrüben Journal Nr. 1/2015 - page 7

LZ 10 · 2015
Zuckerrübenjournal
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zenkrankheiten zukünftig nur einge-
schränkt behandelbar seien. Darüber
hinaus würden einige Kulturen ganz
aus dem Anbau verschwinden, be-
fürchtet Prof. Böhmer.
Hilfe zur Selbsthilfe
Die Suche nach alternativen Pflanzen-
schutzsystemen geht auch an den Uni-
versitäten weiter, wie beispielsweise
am Institut für Nutzpflanzenwissen-
schaft und Ressourcenschutz der Uni
Bonn. So berichtete Prof. Dr. Florian
Grundler von einem Ansatz, bei dem
erforscht wird, wie beispielsweise Ne-
matoden die Wirtspflanze für ihre ei-
gene Ernährung nutzen und welche
Mechanismen in der Wirtspflanze bei
der Nematodenabwehr ablaufen. Mit-
hilfe molekulargenetischer Methoden
suchen die Wissenschaftler nach Pflan-
zen-Typen, die aufgrund ihrer geneti-
schen Struktur besser mit dem Schäd-
ling zurechtkommen.
Darüber hinaus sollen auch Orte in
der Pflanze lokalisiert werden, an de-
nen neue Pflanzenschutzmittel anset-
zen können. Sie sollen dann die Nutz-
pflanze befähigen, den Kampf gegen
die Nematoden aufzunehmen. Bei ih-
ren Forschungsarbeiten können die
Wissenschaftler nur auf den natürli-
chen Genpol der Pflanze zurückgrei-
fen. „Es ginge schneller, wenn wir ein
bisschen Gentechnik machen könnten“,
erläuterte Prof. Grundler.
Ungelöster Fall
Über den Vormarsch von Ditylenchus
im südlichen Rheinland referierte
P&L-Mitarbeiterin Sabine Valder. Auf
rund 800 ha ist der Schädling mittler-
weile etabliert. Dabei konzentrieren
sich die befallenen Flächen entlang ei-
nes Korridors am Südhang der Eifel.
Befallsschwerpunkte gibt es aber auch
in anderen Regionen des Rheinlands.
Der Schädling breite sich weiter aus,
allerdings langsamer als in den ver-
Ü
ber einen Ertrag von 15 t/ha Zu-
cker in der abgelaufenen Kampa-
gne freute sich Dr. Botho von Schwarz-
kopf von Pfeifer & Langen in seiner Be-
grüßung. Damit sei das selbst gesteck-
te Ziel nach einer langen Kampagne
erreicht worden. Im Gegensatz zur
Produktion gestalte sich der Zucker-
markt schwierig: „Große Zuckermen-
gen sind zu verdauen.“ Im Gegensatz
zur Autoproduktion lasse sich die Zu-
ckerrübenproduktion aber nur mit
„langer Bremsspur“ drosseln, denn die
Fruchtfolgeplanung beginne bereits
eineinhalb Jahre, bevor die Ernte ein-
gefahren werde. Das erschwere den
Anpassungsprozess an neue Rahmen-
bedingungen.
Pipeline fast leer
Die Zulassungssituation bei Pflanzen-
schutzmitteln bewertete Prof. Dr.
Bernd Böhmer, Leiter des Pflanzen-
schutzdienstes der Landwirtschafts-
kammer NRW. Besonders ging er auf
die neuen Ausschlusskriterien bei der
Zulassung von Wirkstoffen ein, wonach
Wirkstoffe, die zum Beispiel eine hor-
monell schädigende Wirkung für den
Menschen oder auch für Nichtzielorga-
nismen haben könnten, nicht in Pflan-
zenschutzmitteln eingesetzt werden
dürfen. Wie der Pflanzenschutzexperte
berichtete, sind derzeit drei von insge-
samt 18 Zuckerrübenherbiziden, vier
von 14 Zuckerrübenfungiziden und
fünf von elf Zuckerrübeninsektiziden
betroffen. Sie gelten als sogenannte
Substitutionskandidaten, bei denen mit
Einschränkungen bei der Zulassung zu
rechnen ist. Dazu gehören beispiels-
weise Neonicotinoide, die als Zuckerrü-
beninsektizid eingesetzt werden. Ein
Verzicht auf diese Wirkstoffe würde zu
erheblichen Problemen im Resistenz-
management führen, so Prof. Böhmer.
Auch Azole, wichtige Fungizide im
Rübenanbau, stehen auf dem Prüf-
stand. Ein Verzicht auf diese Wirkstof-
fe würde die Bekämpfung von Blatt-
krankheiten erschweren. Darüber hi-
naus sind weitere Wirkstoffe in der Dis-
kussion, denen als Herbiziden bei der
Mulch- und Direktsaat eine besondere
Bedeutung zukommt. Auch ein Blick
auf die Forschungsaktivitäten der In-
dustrie kann nicht optimistisch stim-
men: „Die Pipeline leert sich“, warnte
der Referent. Die Entwicklung poten-
ziell neuer Wirkstoffe sei zurückgegan-
gen. Mittlerweile sei das Budget, das
die Industrie für den Bereich der Züch-
tung aufwenden würde, größer als das
für die Entwicklung neuer Pflanzen-
schutzwirkstoffe. Die derzeitige Situa-
tion verschärfe die Resistenzproblema-
tik und führe dazu, dass einige Pflan-
Druck auf Pflanzenschutz
und Flächen
Wie lassen sich Zuckerrüben auch bei eingeschränktemWirkstoffspektrum zukünftig
schützen, wie wird der Zwischenfruchtanbau im Rahmen des Greenings optimiert und
in welche Richtung läuft der Weltzuckermarkt? Darum ging es unter anderem bei der
Beratertagung der Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübenanbau Ende Januar in Düren.
Die Flächenver-
knappung für die
Landwirtschaft
wird zum Teil
auch durch den
Artenschutz ver-
schärft.
Foto:
Natascha Kreuzer
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