Zuckerrüben Journal Nr. 1/2015 - page 4

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Zuckerrübenjournal
LZ 10 · 2015
A K T U E L L E S
P O L I T I K | M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
W
eniger die aktuell große Rüben-
ernte als vielmehr marktpoliti-
sche Entscheidungen der EU-Kommis-
sion in den vergangenen Jahren haben
diese Preismisere zu verantworten. So
erhöhte die EU-Kommission gezielt das
Weißzuckerangebot in der EU durch
zusätzliche zollbegünstigte Importe
und die Freigabe von Nichtquotenzu-
cker. Die Folge dieses gewollten Ange-
botsüberschusses ist der angesproche-
ne Preisverfall. Er führt zu erheblich
niedrigeren Zucker- und Rübenpreisen
als in den vergangenen drei Jahren.
Für die Wirtschaftlichkeit einer
Ackerkultur sind bekanntlich drei Fak-
toren entscheidend: erstens der Preis,
zweitens die Kosten und drittens die
erzeugte Menge pro Flächeneinheit.
Wenn der Preis sinkt und sich die Kos-
ten nicht wesentlich verändern, kann
ein Einkommensverlust nur durch ei-
ne Ertragserhöhung etwas abgepuffert
werden. Und das ist glücklicherweise
im Anbaujahr 2014/15 der Fall. Seit
Jahren werden die Gründe für die kon-
tinuierlichen Ertragssteigerungen im
Rübenanbau diskutiert.
In diesem Jahr spielte die Witte-
rung sicherlich eine besondere Rolle.
So konnten bereits in der ersten März-
hälfte, also rekordverdächtig früh, die
meisten Rüben gesät werden. Nach ei-
nem trockenen Frühjahr, das ein gutes
Spitzenertrag dämpft
Folgen des Preissturzes
Manch einer mag verwundert sein, dass angesichts einer neuerlichen Rekordernte
und einer erfolgreich beendeten Kampagne keine Euphorie unter den Rübenanbau-
ern herrscht. Die etwas verhaltene Stimmung hat jedoch konkrete Gründe. Innerhalb
eines Zeitraums von nur eineinhalb Jahren sank der EU-Weißzuckerpreis um fast 40 %
und liegt nun mit 449 €/t Weißzucker auf einem historischen Tiefststand.
EU-Weißzuckerpreis und Marktordnungs-Referenzpreis
Weißzuckerpreis in €/t
200 €
Durchschnittlicher EU-Zuckerpreis
EU-Referenzpreis
Jul 06
Nov 06
Mrz 07
Jul 07
Nov 07
Mrz 08
Jul 08
Nov 08
Mrz 09
Jul 09
Nov 09
Mrz 10
Jul 10
Nov 10
Mrz 11
Jul 11
Nov 11
Mrz 12
Jul 12
Nov 12
Mrz 13
Jul 13
Nov 13
Mrz 14
Jul 14
Nov 14
Mrz 15
Jul 15
Nov 15
Mrz 16
300 €
400 €
500 €
600 €
700 €
800 €
Quelle: EU-Kommission
Tiefenwachstum der Rüben bewirkte,
war es ab Juli bis in den Dezember hi-
nein durchgehend mild und feucht –
also sehr wüchsig. Schon Anfang Sep-
tember wurden deshalb Rübenerträge
von über 80 t/ha und gewachsene
Zuckererträge über 14 t/ha prognosti-
ziert. Letztendlich wurden es im
Durchschnitt der rheinischen Anbau-
region nun 88,8 t Rübenertrag je ha.
Der hohe Masseertrag ging dabei et-
was zulasten des Zuckergehaltes, der
ebenfalls witterungsbedingt keine Ent-
wicklung mehr seit Kampagnebeginn
aufzeigte und knapp unter 17 % blieb.
Der neue ertragliche Spitzenwert im
Rheinland fängt zweifelsohne einen
Teil der Einkommensverluste infolge
des Zuckerpreisverfalls ab. Ganz kom-
pensieren wird er den Preissturz aber
keinesfalls. Dazu ist der Preissturz bei
EU-Weißzucker viel zu groß.
Produktionstechnische
Herausforderungen
Trotz der insgesamt sehr günstigen
Wachstumsbedingungen hatte das An-
baujahr 2014 seine spezifischen He-
rausforderungen. So galt es, auf einen
ungewöhnlich starken Befall mit Blatt-
flecken termingerecht zu reagieren.
Erfolgte keine pünktliche Behandlung,
zeigte das Blattwerk der Rüben in be-
troffenen Beständen starken und er-
tragsschädigenden Befall. Die feuchte
Witterung und das parallel starke Rü-
benwachstum hatten außerdem ein
deutlich stärkeres Auftreten von Rü-
benfäulen zur Folge. Viele Flächen
zeigten dabei einen erstmaligen Befall.
Bei regionalen Unterschieden domi-
nierten insgesamt vor allem die Späte
Rübenfäule (Erreger: Rhizoctonia sola-
ni), die Rotfäule (Erreger: Rhizoctonia
violaceae), die Herz- und Trockenfäule
(Ursache: Bormangel) sowie im südli-
chen Rheinland die Rübenkopffäule
(Ursache: Befall durch Ditylenchus
dipsaci). Hier gilt es unbedingt, in Zu-
sammenarbeit mit der Beratung die
Fäulen exakt zu benennen, um geeig-
nete Gegenmaßnahmen für die Zu-
kunft zu treffen.
Auch für das Roden und den Ab-
transport waren die regelmäßigen Nie-
derschläge immer wieder eine Heraus-
forderung. Phasenweise wurden hohe
Anforderungen an die Schlagkraft ge-
stellt. Mit 9,3 % lag der durchschnittli-
che Gesamtabzug für Kopfanteil, orga-
nischen Rest und Erde deutlich über
den Werten der vergangenen Jahre.
Die Kampagne
war nicht nur we-
gen ihrer Länge,
sondern vor allem
wegen der Nieder-
schläge eine He-
rausforderung für
alle Beteiligten.
Foto: Natascha
Kreuzer
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