Zuckerrüben Journal Nr. 1/2015 - page 6

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Zuckerrübenjournal
LZ 10 · 2015
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M A R K T
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
F
ür den weltweit steigenden Zu-
ckerkonsum sorgen zum einen das
Bevölkerungswachstum, zum Beispiel
in Afrika, Mittelamerika und im Nahen
Osten, das enorme Wirtschaftswachs-
tum in den bevölkerungsreichen
Ländern China und Indien sowie eine
Globalisierung der Ernährungsge-
wohnheiten. „Kitkat und Coca-Cola
können Sie auch in Uganda kaufen“,
machte der Referent deutlich. Trotz
steigenden Verbrauchs sind die
Zuckerüberschüsse aus den vergange-
nen Jahren noch in den Lägern. „Wir
kommen nur langsam aus der Über-
versorgung heraus“, fasste Uhlenbrock
die Situation auf dem Weltmarkt zu-
sammen.
Bei seiner Analyse beleuchtete er
besonders die Situation der größten
Zuckererzeuger – allen voran Brasilien:
„Das Land steht für nahezu jede zweite
Tonne Zucker, die auf dem Weltmarkt
gehandelt wird.“ Derzeit verliert der
brasilianische Real drastisch an Wert
gegenüber dem US-Dollar, mit der Kon-
sequenz, dass die Brasilianer Zucker
günstig auf dem Weltmarkt anbieten
können. Nur mit einer Wertsteigerung
des Real werde sich daher die Preissi-
tuation auf dem Weltmarkt verbessern,
prognostizierte der Referent. Maßgeb-
lich für die Zuckerproduktion Brasili-
ens sind auch die Rahmenbedingungen
für die Ethanolproduktion. „Derzeit
schlägt das Pendel zwischen Ethanol
Die Welt steht weiter
auf Zucker
Trotz weltweiter Kampagnen gegen den Zuckerkonsum steigt der Weltzucker-
verbrauch weiter an, und zwar um rund 2 % pro Jahr. Diese positive Nachricht stellte
Stefan Uhlenbrock vomMarktforschungsunternehmen F.O. Licht seiner Analyse des
Weltzuckermarktes auf der Beratertagung der Arbeitsgemeinschaft Zuckerrüben-
anbau Ende Januar in Düren voran.
und Zucker wieder in Richtung Zucker
um.“ Um die Inflation zu begrenzen,
hat das Land bis vor Kurzem den Ben-
zinpreis subventioniert, was mit einer
Abnahme des Ethanolverbrauchs ein-
hergegangen ist.
Eine bevorstehende Wiedereinfüh-
rung einer Benzinsteuer und eine
gleichzeitige Erhöhung der Beimi-
schungsquote für Ethanol könnten in
den nächsten zwei Jahren dazu füh-
ren, dass wieder mehr Zuckerrohr für
die Ethanolerzeugung statt für die Zu-
ckererzeugung genutzt wird.
Gleichbleibende Produktion
Für die kommende Periode 2015/16
geht das Marktforschungsunterneh-
men von einer Zuckerrohrerzeugung
in Brasilien aus, die höchstens auf dem
Niveau von 2014/15 liegen wird, denn
es gebe keine Anzeichen für neue In-
vestitionen.
Mit gleichbleibenden Produktions-
mengen rechnet der Analyst auch für
Indien, den zweitgrößten Zuckerprodu-
zenten der Welt. Dort sorge ein hoher
gestützter Zuckerrohrpreis im Inland
dafür, dass die Bauern in der Produkti-
on bleiben. Ähnlich sei die Situation
derzeit in Thailand, dem fünftgrößten
Zuckerproduzenten. Insgesamt rechne
man daher lediglich mit einer Stagnati-
on der weltweiten Zuckererzeugung
und nicht etwa mit einer Abnahme,
fasste der Referent die Einzelprogno-
sen zusammen. Für die nächsten zwölf
Monate erwartet der Marktexperte da-
her beim Weltmarktpreis keine Besse-
rung. Danach könnte der Preis langsam
wieder steigen. „Den Tiefstand haben
wir gesehen“, so Uhlenbrock.
Erhebliche jährliche Preisschwan-
kungen erwartet der Marktexperte für
den EU-Zuckermarkt 2017/18. Denn je
nach Weltmarktpreis und Kursverhält-
nis vom Euro zum US-Dollar kann der
Einfuhrpreis von Zucker zwischen et-
wa 500 und 1 000 € je t liegen. Unsi-
cher bleibt auch, wann die Erzeuger
aus Ländern mit ineffizienter Zucker-
produktion, etwa Griechenland, Itali-
en und Finnland, aus dem Anbau aus-
steigen. Dieser Prozess wird derzeit
teilweise durch staatliche Hilfen ver-
zögert. Er soll allerdings bis 2020 ab-
geschlossen sein. Eine Absenkung der
Einfuhrzölle sei jedenfalls nicht in
Sicht, lautete die für deutsche Zucker-
rübenanbauer positive Nachricht.
Annegret Keulen
Für die nächsten
zwölf Monate ist
keine Erholung
beim Zuckerwelt-
marktpreis zu
erwarten.
Foto: Natascha
Kreuzer
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