Zuckerrüben Journal Nr. 01/2018

16 | Zuckerrübenjournal LZ 9 · 2018 | A K T U E L L E S | P O L I T I K | M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T A N B A U T E C H N I K | Z U C K E R | Bernhard Conzen Was bringt die nächste Reform? Dr. Marlise Meer- Rohbeck Wedad Alyouness das Ziel des integrierten Pflanzen- schutzes ist es ja gerade, Krankheiten möglichst früh zu erkennen“, so Dr. Mahlein. In Zukunft könnte zunächst der Befall im Bestand gemessen, und dann ein Verteilungsplan erstellt wer- den, der als Basis für einen Applika- tionsplan genutzt werde. Zunutze macht man sich bei der Befallsmessung, dass krankes Blattma- terial eine andere Lichtreflektion habe als gesundes. Dabei entstehen hyper- spektrale Bilder mit sehr großen Da- tenmengen, die je nach Krankheit so- gar Aussagen über die Befallsstärke machen können. „Bei diesen Bildern ist eine hohe Präzision nötig. Werden die Bilder zum Beispiel von kleinen Schleppern direkt im Feld aufgenom- men, ist die Auflösung ausreichend. Er- stellt aber zum Beispiel eine Drohne diese Bilder, ist die Auflösung noch nicht gut genug, um die Bekämpfungs- schwelle für Blattkrankheiten zu erfas- sen.“ Anders sieht das bei Nematoden aus, deren Verbreitung ist relativ gut auf Luftbildern zu erkennen. Ein gutes Hilfsmittel sei heute schon die App ISIP-Rübenblatt-Scan. Damit könne im Bestand ein Foto ei- nes Rübenblattes gemacht werden, die App vergleicht die gefundenen Blatt- flecken mit Bildern aus einer Daten- bank und hilft dann bei der Diagnose der Krankheiten. „Bei Cercospora er- reicht die App eine Genauigkeit von etwa 80 %.“ Zusammenfassend erklärte Dr. Mahlein, dass die Identifizierung von Pflanzenkrankheiten heute schon mög- lich sei. Wichtig sei hier eine interdis- ziplinäre Forschung, um die Erkennt- nisse in die Praxis zu bringen und gleichzeitig Expertensysteme und Vor- hersagemodelle zu entwickeln, die sich mit dem Konzept des Integrierten Pflanzenschutzes verbinden lassen. Den Weg vom Symptom im Feld zur Diagnose mit den verschiedenen Hilfs- mitteln stellten Wedad Alyouness von der Landwirtschaftskammer NRW und Dr. Marlise Meer-Rohbeck vom Land- wirtschaftlichen Informationsdienst Zuckerrübe vor. Erster Ansprechpartner bei unge- klärten Symptomen, die der Landwirt findet, sei der Berater. Wenn der nicht sicher sei, könne eine Diagnose im La- bor des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer NRW Gewiss- heit bringen. Wichtig hierfür sei die korrekte Probennahme. Bei den Blattkrankheiten ist es be- sonders wichtig, den Erstbefall zu er- fassen und rechtzeitig zu behandeln. Hierbei kann das gemeinsame Monito- ring von LIZ, Pflanzenschutzdienst, Rheinischem Rübenbauer-Verband und ISIP helfen. Von Juni an werden dafür zwölf Wochen lang an 136 Stand- orten Bestände beobachtet, 80 davon liegen im Rheinland. Damit könne der Befallsbeginn sehr gut ermittelt wer- den. Weitere hilfreiche Programme für die Landwirtschaft seien neben der be- reits genannten App ISIP Rübenblatt- Scan auch die Anwendungen von LIZ, wie zum Beispiel LIZ Krankheiten und Schäden, LIZ-Fungizid oder LIZ-Herbi- zid, dass rund 20 000 Nutzer pro Jahr habe. Das Programm Krankheiten und Schäden umfasse 183 Schäden und 19 Nützlinge. Bei LIZ-Fungizid könne man mit wenigen Angaben nicht nur eine Behandlungsempfehlung bekom- men, sondern auch eine Wirtschaft- lichkeitsberechnung der Maßnahme. Alle Programme sind unter www.liz- online.de zu finden. ■ Dr. Anne-Katrin Mahlein Wie könnte die Gemeinsame Agrarpoli- tik der EU ab 2020 aussehen? „Brüssel lässt sich natürlich nicht gerne in die Karten schauen, aber erste Trends lassen sich erahnen“, so Bernhard Conzen, Vor- sitzender des Rheinischen Rübenbauer- Verbandes und Präsident des Rheini- schen Landwirtschafts-Verbandes. Be- reits bei der Reform 2013 sei eine Kür- zung der Mittel beschlossen worden. „Für viele Betriebe ist dieses Geld ein wichtiger Einkommensbeitrag. Im Schnitt machen die Zahlungen rund 44 % des Einkommens aus, bei kleineren Betrieben können sie auch bis 80 % aus- machen.“ Und man dürfe nicht verges- sen, dass Großbritannien als weiterer, großer Nettozahler neben Deutschland rund 12 Mrd. € in den EU-Haushalt ein- zahle, dieser Betrag werde nach dem Brexit wegfallen. „Davon kommen 4 Mrd. € im Agraretat an, das sind im- merhin 10 %, die in Zukunft fehlen wer- den“, so Conzen. Die EU-Kommission stehe vor einer Neuausrichtung. Neben der Ökonomie sollen Umwelt und Klimaschutz, aber auch die Zukunft des ländlichen Raums und eine wissensbasierte Landwirt- schaft die Eckpunkte der Politik sein. Dabei will die Kommission zwar Leitlini- en vorgeben, die Ausgestaltung soll je- doch bei den Ländern liegen. „Die EU gibt eine zehnspurige Autobahn mit Leitplanken vor, aber auf welchen Spu- ren man fahren darf, entscheiden die Länder selber. Ich halte das für sehr schwierig, denn dann ist die Agrarpoli- tik von der jeweiligen Regierung abhän- gig“, mahnte Conzen. Außerdem stehe die Kommission unter Druck, weil die Verteilung der EU-Gelder in der Öffentlichkeit als ungerecht emp- funden wird. „Besonders die Gelder für Großbetriebe werden kritisch gesehen. Es könnte hier eine Kappung geben oder auch degressive Zahlungen werden im- mer wieder diskutiert.“ Weitere Diskussion gebe es um ein Risi- komanagement bei Katastrophen oder besonderen Situationen amMarkt, so Conzen. Als Beispiel nannte er unter an- derem die USA, wo es staatlich geförder- ter Ertragsschadensversicherungen ge- be. Wie Regelungen für die EU aussehen könnten, sei noch völlig offen. Möglicherweise werde das Greening durch Umwelt- und Klimaziele auf EU- Ebene ersetzt und dieses dann mit Prä- mien oder Ausgleichszahlungen geför- dert. Außerdem werde geprüft, ob eine Nährstoffbewirtschaftung eingeführt werde. Darunter sind Pläne zu verstehen, die den Nährstoffeintrag auf regionaler Ebene senken und die Nährstoffeffizienz steigern sollen. Damit sollen die Um- weltleistungen noch zielorientierter sein. Außerdem will die EU Anreize für eine Präzisionslandwirtschaft prüfen. Dreh- und Angelpunkt für die zukünftige Agrarpolitik sind die Verhandlungen über den Finanzrahmen imMai dieses Jahres. „Wenn das Geld aus Großbritannien fehlt und der Etat außerdem noch gekürzt wird, können schnell 20 % fehlen. Wenn man das auf die aktuelle Flächenprämie anrechnet, bleibt nicht mehr viel übrig pro Hektar. Gleichzeitig kosten die ge- wünschten Umweltleistungen Geld.“ Conzen mahnte, die nationalen Spielräu- me enger zu gestalten, um gleiche Bedin- gungen für alle zu erreichen und die Landwirte nicht von nationalen Regie- rungen abhängig zu machen. ■

RkJQdWJsaXNoZXIy ODA5MjY=