Zuckerrüben Journal Nr. 01/2018

10 | Zuckerrübenjournal LZ 9 · 2018 A K T U E L L E S P O L I T I K | M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R | gute Preise, aber eine wichtige Voraus- setzung, um auf einem knallharten Markt bestehen zu können.“ Weiterhin forderte er ein Ende der gekoppelten Zahlungen in anderen EU-Ländern, dafür werde sich die Ministerin in Brüssel ebenso einsetzen wie für einen wirksamen Außenschutz. Schicksalsgemeinschaft geworden Durch das neue Vertragswerk zwischen Rübenanbauern und Pfeifer & Langen seien Anbauer und Fabrik eine „Schick- salsgemeinschaft“, wie Bernhard Con- zen erklärte, denn die Rübenpreise werden direkt aus den Verkaufserlösen von Pfeifer & Langen abgeleitet. Das be- stätigte dann auch Frank Walser, Ge- schäftsführer bei Pfeifer & Langen, in seinem Grußwort. Sein Haus produzie- re seit 148 Jahren Zucker aus Rüben und das solle auch in Zukunft Bestand haben. Pfeifer & Langen stehe für rund 5 000 Landwirte, die zum Teil seit Gene- rationen Rüben anbauen, für etwa 1 000 Arbeitsplätze und eine Wertschöpfung von rund 200 Mio. € in der Region. Er forderte deshalb von der Politik volle Unterstützung für die Erzeugung eines sicheren Lebensmittels. „Den Weg, den wir im Rheinland mit den Anbauern gehen, ist richtungs- weisend auch für Deutschland und wir haben einen guten Weg gefunden“, so Walser. Er dankte allen Beteiligten, die dazu beigetragen hätten, die Rekord- kampagne, die in Jülich immerhin 138 Tage dauerte und die Fabriken an ihre Grenzen brachte, zu meistern. Pfeifer & Langen sei sich seiner Ver- antwortung in der Gemeinschaft mit den Landwirten durchaus bewusst. „Das erste Jahr nach der Marktordnung stellt uns mit nicht zufriedenstellenden Preisen vor äußerste Herausforderun- gen. Der Wettbewerb geht durch die großen Zuckermengen auch über Län- dergrenzen hinweg.“ Pfeifer & Langen habe zwar auch mehr Rübenfläche un- ter Vertrag, diese Mengen dienten aber nur dazu, den bisher verarbeiteten Rohrzucker zu ersetzen. Damit wolle man auf den heimischen Anbau setzen, aber nicht mehr Zucker auf den Markt bringen. „Wir bieten eine umweltscho- nende, kurze Transportlogistik und set- zen voll auf die Zuckerrübe, wir brau- chen auch in Zukunft Zuckerrübenan- bauer“, betonte Walser. So werde Pfei- fer & Langen in diesem Jahr rund 100 Mio. € investieren, den Löwenanteil davon in NRW, zum Beispiel in neue Si- loanlagen in Jülich und Appeldorn, aber auch in eine neue Verpackungs- straße und in den Versand. „Nur Zucker schmeckt wie Zucker“ damit endete Frank Walser, nicht ohne den rheinischen Anbauern Mut für die Zukunft auszu- sprechen. „Wir sind gemeinsam im Markt ange- kommen und wir werden diesen Weg weiter ge- meinsam gehen.“ Auch Bern- hard Conzen zeigte sich opti- mistisch, was die Zukunft der Rübe an- geht. „Der Verdrängungswettbewerb am Markt findet jetzt statt. Aber wenn das Rheinland nicht mehr dabei ist, haben viele andere schon längst die Produktion eingestellt. Sollte die Rübe nicht mehr wirtschaftlich sein, dann steigen wir alle aus. Deshalb ist es wichtig, an jedem Rädchen in der Pro- duktion zu drehen, um die Produkti- onskosten zu senken. In der 115-jähri- gen Geschichte des RRV gab es viele Höhen und Tiefen. Es wäre doch ge- lacht, wenn unser Verband es nicht schafft, dass wir die nächsten zehn oder 15 Jahre im Wettbewerb bleiben.“ Pflanzenschutz der Zukunft Wie sieht die Zukunft des chemischen Pflanzenschutzes in Europa aus? Dieser Frage ging Dr. Helmut Schramm, Geschäftsführer der Bayer CropSciences Deutschland GmbH und Präsident des In- dustrieverbands Agrar (IVA), nach. „Wir stehen vor existenziellen Fragen, denn wir müssen die wachsende Welt- bevölkerung von einer Fläche er- nähren, die nur 3 % der Erdoberfläche entspricht. Die Auswirkungen des Klimawandels sen- ken den weltweiten Ertrag beispiels- weise beim Weizen um 17 %. Durch die steigende Weltbevölkerung sinkt die Ackerfläche pro Kopf, all diese Fakto- ren machen eine Produktivitätssteige- rung von 60 % nötig“, so Dr. Schramm. Dazu seien Innovationen im Pflanzen- schutz nötig, gleichzeitig gebe es Resistenzprobleme, zum Beispiel bei Unkräutern oder auch bei Insekten und die Auswahl bei den Pflanzen- schutzmitteln werde immer geringer. Sehr wichtig bei der Entwicklung neuer Pflanzenschutzmittel sei die Toxi- kologie, die heute schon sehr früh im Entwicklungsprozess beachtet würde. Früher seien Wirkstoffe vor allemwegen ihrer hohen Wirksamkeit weiterentwi- ckelt worden, heute hätten toxisch be- denkliche Stoffe keine Chancen mehr. Wurde früher aus rund 11 000 Molekü- len ein fertiges Produkt, brauche man heute 160 000 Moleküle. Das koste rund 260 Mio. € für ein neues Mittel, davon entfielen rund 80 Mio. € alleine auf die Sicherheitsforschung, erklärte Schramm. „Doch nicht nur die Kosten sind hoch, auch die Zulassungshürden in Deutschland sind gewaltig“, so Schramm. Immerhin seien zwei Minis- terien und vier Institute an dem Ver- fahren beteiligt und vor allem beim Umweltbundes- amt seien die Be- arbeitungszeiten extrem lang. Als wichtigen Zukunftstrend be- zeichnete Dr. Schramm die Di- gitalisierung in der Landwirt- schaft. So lieferten Satelliten heute schon Daten über die Felder, die Pflanzen, ihren Nährstoffge- halt oder ihren Gesundheitszustand. Bayer entwickelt Programme, um diese Daten optimal zu nutzen und Pflanzen- schutzmittel noch gezielter einzusetzen. Als Beispiel für ein neues System im Pflanzenschutz stellte er die Conviso Smart-Rübe vor. Die klassisch gezüchte- te Rübensorte besitzt eine Toleranz ge- genüber einem Sulfonylharnstoff-Herbi- zid. Mit zwei Anwendungen von je 0,5 l/ ha lasse sich Zeit und Geld sparen und die Herbizidverträglichkeit sei sehr gut, so Schramm. Ab 2020 soll die Sorte zur Verfügung stehen. Landwirtschaft in der Diskussion Zwischen der Landwirtschaft und der Gesellschaft gebe es eine riesige Kluft. Die Akzeptanz der modernen Land- wirtschaft sei nicht gut. Ursachen seien die Romantisierung der Landwirt- schaft, die Landflucht und der Struk- turwandel, viele Menschen kennen den letzten Bauern in ihrem Dorf nicht mehr. Das zeige sich auch in der Dis- kussion um die Saatgutbeizen der Bernhard Conzen, Vorsitzender des Rheinischen Rübenbauer- Verbandes Frank Walser, Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG Fotos: Bernhard Rüb Norbert Schramm, Bayer CropScience Deutschland

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