Zuckerrüben Journal Nr. 03/2018

18 | Zuckerrübenjournal LZ 29 · 2018 | A K T U E L L E S | P O L I T I K | M A R K T | B E T R I E B S W I R T S C H A F T A N B A U T E C H N I K | Z U C K E R | Rüben zukünftig ohne Neonikotinoide Am 27. April fiel die Entscheidung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) der EU zumVerbot von Freilandanwendungen der insektizidenWirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Eine Ausnahme für Zuckerrüben wurde nicht gemacht. Z war hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kein direktes Risiko für Wild- und Ho- nigbienen durch die Verwendung von neonikotinoidbehandeltem Zucker- rübensaatgut festgestellt, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Rückstände im Boden von Folgekultu- ren aufgenommen werden. Damit könnten diese Wirkstoffe auch für Bie- nen und andere Bestäuber verfügbar werden. Das Verbot ist folglich eine Vorsorgemaßnahme. Die EU-Kommission hat die ent- sprechenden Durchführungsverord- nungen am 29. Mai 2018 verabschiedet (Durchführungsverordnung (EU) 2018/783 für Imidacloprid, Durchfüh- rungsverordnung (EU) 2018/784 für Clothianidin und Durchführungsver- ordnung (EU) 2018/785 für Thiameto- xam). Nach Artikel 3 der Verordnun- gen müssen Mitgliedstaaten die ent- sprechenden Zulassungen bis spätes- tens zum 19. September 2018 ändern oder widerrufen. Die Mitgliedstaaten können eine Aufbrauchfrist einräu- men, die spätestens am 19. Dezember 2018 enden soll. Das Verbot des Inver- kehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut soll dagegen erst ab dem 19. Dezember 2018 gelten, um eine ausreichende Übergangsfrist zu gewährleisten. Über die tatsächli- chen Fristen in Deutschland liegen noch keine Informationen vor. Konsequenzen aus dem Neonikotinoidverbot Von vielen betroffenen Kulturen ist die ökonomische Bedeutung des Verbotes für die Zuckerrüben wohl am größten. Mit Neonikotinoiden behandeltes Zu- ckerrübensaatgut wird in ganz Europa verwendet. Aufgrund der sehr langsa- men Jugendentwicklung ist eine Saat- gutbehandlung besonders gut geeig- net, den Auflauf der jungen Rüben- pflanze sicherzustellen und einen lang anhaltenden Schutz zu gewähren. Die Saatgutbeizung mit Fungiziden und Insektiziden stellt somit eine der wich- tigsten Maßnahmen dar, Zuckerrüben- pflanzen so lange gegen Krankheiten und Schädlinge zu schützen, bis diese aus eigener Kraft abgewehrt werden können. Mit einer Neonikotinoidbeizung wird eine umfassende Bekämpfung al- ler wichtigen Auflaufschädlinge, wie Springschwanz, Moosknopfkäfer, Erd- floh, Drahtwurm und Tausendfüßler sowie von Blattschädlingen, wie bei- spielsweise Blattläusen und Rübenflie- gen, erreicht. Neben der direkten Wir- kung verfügt die Beizung über eine protektive Dauerwirkung von sechs bis acht Wochen. Breitflächige Insektizid- maßnahmen im Feld haben daher stark an Bedeutung verloren, insbeson- dere Applikationen gegen virusüber- tragende Blattläuse waren lange Zeit kaum erforderlich. In den vergange- nen Jahren wurden Insektizide meist nur auf 10 bis 15 % der Anbaufläche an- gewendet, außer in den wenigen Jah- ren mit regional frühem und starkem Blattlausauftreten mit bis zu 30 % der Anbaufläche (2015) (weitere Infos un- ter http://papa.julius-kuehn.de) . Ab dem kommenden Jahr wird sich das, je nach Befallsdruck, wahrscheinlich än- dern. Vor allem die Grüne Pfirsichblatt- laus kann durch Übertragung des Westlichen Rübenvergilbungsvirus (BWYV) enorme Schäden verursachen. Da die Vergilbungsviren nicht direkt bekämpft werden können, müssen die Blattläuse als Überträger der Krank- heit konsequent mit Insektizidapplika- Blattlausmumie der Grünen Pfir- sichblattlaus nach Parasitierung durch eine Blatt- lausschlupfwespe. Die erwachsene Wespe ist aus dem kreisrunden Loch geschlüpft. Fotos: Wedad Alyouness tionen ausgeschaltet werden. Anderen- falls ist mit einem Wiederanstieg von Viruserkrankungen in Rüben zu rech- nen. Verfügbare Pflanzenschutzmittel Durch das Verbot der Neonikotinode reduziert sich der insektizide Beiz- schutz auf den Wirkstoff Tefluthrin (Force 20 CS), verbunden mit sehr ho- hen Anforderungen an die Beizquali- tät. Laut Zulassung ist zudem nur die Bekämpfung der Bodenschädlingsar- ten Moosknopfkäfer und Erdfloh gesi- chert. Gut wirksame Pflanzenschutzmittel zur Feldbehandlung gibt es nicht. Die derzeit zugelassen Pflanzenschutzmit- tel beinhalten lediglich sechs Wirkstof- fe aus drei Wirkstoffgruppen für unter- schiedliche Anwendungen. Dazu gehö- ren lambda-Cyhalothrin, alpha-Cyper- methrin, beta-Cyfluthrin und Deltame- thrin aus der Gruppe der Pyrethroide, Pirimicarb aus der Gruppe der Carba- mate und das Organophosphat Dime- thoat. Die Grafik zeigt ein Anwen- dungsbeispiel zur Schädlingsbekämp- fung unter Berücksichtigung des Wirk- stoffwechsels bei anhaltendem Befalls- druck, ausgehend vom momentanen Zulassungsstand.

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